Kultour

Nr. 6 –

Film

Costa-Gavras-Reihe

«Eigentlich sollte er in diesen Jahren noch einmal den grossen Film über sein Heimatland machen, einen scharfen Kommentar zur Zeit, wie es 1969 sein legendärer ‹Z› war», schreibt Marcel Elsener in der Zeitung des St. Galler Programmkinos Kinok über den griechisch-französischen Regisseur Constantin Costa-Gavras: «Es ist frappant, wie sich manche Szenen aus ‹Z›, besonders die mit satirischem Biss bis in alle haarsträubenden Details geschilderte Allianz von Polizei und rechtsextremen Bürgern, mit heutigen Ereignissen decken.»
Ganz ohne Zweifel ist Costa-Gavras ein Grossmeister des politischen Spielfilms. Anlässlich seines 80. Geburtstags zeigt das Kinok neben «Z» (mit Yves Montand in der Hauptrolle) weitere Meisterwerke: «État de Siège» (1972) spielt 1970 in Uruguay – am Vorabend eines faschistischen Militärputschs; in «Music Box» (1989) muss sich ein alter Mann (Armin Mueller-Stahl) nach Jahrzehnten vor Gericht für NS-Kriegsverbrechen verantworten; «Amen» (2002), basierend auf Rolf Hochhuths Theaterstück «Der Stellvertreter», thematisiert die Komplizenschaft der katholischen Kirche mit dem NS-Regime; und schliesslich ist auch Costa-Gavras’ jüngstes Werk zu sehen: «Le Capital» (2012), das im Banker- und Managermilieu in Zeiten der Finanzkrise spielt.
«Filme von Costa-Gavras» in: St. Gallen Kinok 
in der Lokremise. Bis 28. Februar 2013. Genaue Daten: www.kinok.ch.

Adrian Riklin

Festival

Ein Fest für die Ohren

Aargau im Jahr 2103: Der ganze Kanton steht unter Wasser, wichtige Persönlichkeiten sind eingefroren worden und warten auf bessere Zeiten. Oder 1903 im selben Kanton: In der Spinnerei in Windisch rackern sich ArbeiterInnen und Kinder zu einem Hungerlohn ab, und im Zug zwischen Baden und Aarau irrt der «Irre» Strobel umher.
Am 3. Sonohr-Hörfestival sind sie alle zu hören: Vergangenheit, Zukunft – und auch die Gegenwart. «Eiszeit» zum Beispiel, ein Hörspiel von Martin R. Dean, spielt im Aargau des Jahres 2103, derweil Ernst Strebels Hörspiel «Irrenfahrt» seine Handlung im selben Kanton im Jahr 1903 findet.
Während dreier Tage sind in Bern 22 Audioproduktionen (Radiofeatures, Hörspiele und Reportagen) aus der ganzen Deutschschweiz zu hören. Eine Jury aus drei Ton- und Radioprofis (Christian Gasser, Katja Alves und Simon Grab) vergibt einen Preis für den besten Fiction- und den besten Non-Fiction-Beitrag, und auch das Publikum kann seine Lieblingsproduktion bestimmen.
Das Rahmenprogramm bietet unter anderem eine Diskussion mit Professorin Nathalie Singer zum Thema «Wie klingt das Radio von morgen? Experimentelles Radio als Hochschulprojekt» oder eine integrative Hörinstallation des Kollektivs Freiraum beim Meret-Oppenheim-Brunnen. Hingehen, Augen schliessen – und Ohren spitzen.
3. Sonohr-Hörfestival in: Bern Kino Kunstmuseum, Fr, 8., bis So, 10. Februar 2013. www.sonohr.ch

Silvia Süess

EWZ-Stattkino

Um die Säle zu füllen, müssen KinobetreiberInnen im digitalen Zeitalter immer wieder neue Strategien aushecken – etwa, indem sie Filmreihen oder Minifestivals zu einem übergeordneten Thema zusammenstellen.
Das Festival EWZ-Stattkino bietet dies nun schon zum 14. Mal – und geht laut eigenen Aussagen «weit über die Leinwand hinaus». Ausgangspunkt ist dabei stets das bewusste Spiel mit dem Geschehen auf der Leinwand.
So etwa generiert die Medienperformance-Gruppe Pulp Noir Videoclips aus Terry Gilliams Kultfilm «Brazil» (1985), die sie mit einem eigenen Soundtrack unterlegt. Oder es spielen SchauspielerInnen des Wanderzirkus Broadway-Variété synchron zum Film «Water for Elefants» (2011) von Francis Lawrence und lassen so Theater und Kino ineinander verschmelzen. Eric Wildbolz wiederum liefert einen Livesoundtrack zu Tom Tykwers «Lola rennt» (1998) und lässt Franka Potente unter neuen akustischen Umständen durch das Berlin der neunziger Jahre rennen. Und während der Vorführung von Pierre Salvadoris «De Vrais Mensonges» (2010), in dem eine Friseurin im Zentrum steht, können sich die ZuschauerInnen wahlweise den Kopf massieren, den Bart stutzen oder die Spitzen schneiden lassen.
EWZ-Stattkino in: Zürich EWZ-Unterwerk Selnau und Arthouse Le Paris, Di, 12., bis So, 24. Februar 2013. www.ewz.stattkino.com

Silvia Süess

Ear We Are

Seit 1999 findet in Biel jedes zweite Jahr das Festival Ear We Are statt. Zum achten Mal werden heuer in der alten Juragarage, einem schönen Architekturbeispiel aus der Zeit des Neuen Bauens, die Maschinen der Holz- und Metallwerkstätten zur Seite gerückt, um Platz für Musik und Performance zu machen.
Wieder einmal hat das Organisationskomitee um die Musiker Hans Koch, Gaudenz Badrutt und Martin Schütz ein vielfältiges Programm mit spannenden Kontrapunkten zusammengestellt. Zum Auftakt ist mit dem Saxofonisten Roscoe Mitchell ein Gründervater des Art Ensemble of Chicago zu Gast, seine Soloauftritte sind legendär. Am selben Abend ist der schwedische Saxofonist Mats Gustafsson mit seinem Trio The Thing zu hören, und mit Maja Ratkje und Lasse Marhaug stehen zwei norwegische Radikale auf der Bühne, die zwischen Noise und zeitgenössischer Musik pendeln.
Am zweiten Tag erklingt ein Pingpong zwischen dem dadaistischen Wortfabulierer Sven-Ake Johansson und dem Akkordeonisten Rüdiger Carl, gefolgt von einer ebenso poetischen Begegnung zwischen dem Pianisten Jacques Demierre und dem Stimmperformer Vincent Barras. Derweil entführen Shabazz Palaces aus Seattle mit Hip-Hop in andere sprachliche Sphären.
Am Samstag werden die Improvisationskünste der jungen koreanischen Cellistin Okkyung Lee jenen der Altmeister Keith Rowe (Gitarre) und John Tilbury (Piano) aus London gegenübergestellt. Dazwischengeschaltet ist mit Rudolf Eber einer der radikalsten Aktionskünstler der Schweiz. Für den fulminanten Abschluss sorgt der Gitarrist Marc Ribot mit seiner Gruppe Ceramic Dog.
«Ear We Are» in: Biel Alte Juragarage, Adam-Göuffi-Strasse 18, Do/Fr, 7./8. Februar 2013, 20.30 Uhr; Sa, 9. Februar 2013, 16 und 21 Uhr. www.earweare.ch

Fredi Bosshard

Konzert

Drei Generationen Drums

Im vergangenen Herbst führte Christoph Wagner für die WOZ in Haldenstein ein grosses Interview mit dem Architekten Peter Zumthor und seinem Sohn, dem Schlagzeuger Peter Conradin Zumthor (siehe WOZ 50/12 ).
Zumthor junior erzählte darin von einem aufkeimenden Projekt – zu jener Zeit war er gerade mit ersten Proben mit Fritz Hauser und Lucas Niggli beschäftigt: drei Schlagwerker aus gefühlten drei Generationen, die inzwischen als Trio Klick zusammengefunden haben.
Im WOZ-Gespräch sprach Zumthor junior auch vom grossen Einfluss, den Hauser als Mentor und Musiker auf ihn hatte. Mit Niggli wiederum verbindet ihn eine jahrelange Freundschaft sowie das gemeinsame Projekt Beat Bag Bohemia, an dem auch die Drummer Kesivan Naidoo (Südafrika) und Rolando Lamussene (Moçambique) beteiligt sind. Zur Premiere spielt das Trio Klick in Basel, Uster und Chur, den Wohnorten der drei Musiker. Da würde es wohl niemanden wundern, wenn in Uster auch Pierre Favre im Publikum anzutreffen wäre. Weitere Konzerte folgen in Genf, Ilanz und Konstanz.
Fritz Hauser, Lucas Niggli, Peter Conradin Zumthor in: Basel Gare du Nord, Fr, 8. Februar 2013, 20 Uhr; Uster Pam! im Central, Sa, 9. Februar 2013, 20.30 Uhr; Chur Werkstatt, So, 10. Februar 2013, 20 Uhr.

Fredi Bosshard