Simbabwe: Mugabe zieht in die letzte Schlacht

Nr. 29 –

Simbabwes Präsident Robert Mugabe will mit allen Mitteln die nächste Wahl gewinnen. Die Bevölkerung sehnt sich aber nach einem Neuanfang.

300 000  US-Dollar hat Simbabwes Präsident Robert Mugabe als Belohnung ausgeschrieben für den, der den anonymen Aktivisten entlarvt, der auf Facebook unter dem Pseudonym Baba Jukwa seit Monaten Geheimnisse publiziert, die für Mugabe und seine Partei wenig schmeichelhaft sind. Er schreibt über Morde, Folter und gezielten Wahlbetrug. Besonders Letzteres schmerzt Mugabe, der seit 1980 an der Macht ist und nun auch die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 31. Juli 2013 unbedingt gewinnen will. Der 89-Jährige hat dafür sogar einen persönlichen parallelen Wahlkampfapparat aufgebaut, da er den Führern seiner eigenen Partei nicht traut. Er weiss, wie heiss parteiintern der Streit um seine Nachfolge tobt. Es wird erwartet, dass Mugabe nach einem Wahlsieg seine Nachfolge selbst bestimmen und schliesslich abdanken würde.

Die vorgezogene Stimmabgabe für das Sicherheitspersonal am Anfang dieser Woche war chaotisch, die WählerInnenregistrierung zuvor war manipuliert worden. Das Register enthält nun mehr Wahlberechtigte, als es die Volkszählung vorsehen würde – und dies, obwohl rund zwei Millionen JungwählerInnen an der Registrierung gehindert wurden. Auf dem Land hat die Armee schon länger den Auftrag, den Sieg der Mugabe-Partei Zanu-PF sicherzustellen; in den Städten schüchtern Schlägerbanden die Bevölkerung ein.

So hat die Zanu-PF gute Chancen, die Wahl zu gewinnen. Dabei kann sie auch auf einen harten Kern von WählerInnen zählen, die von der brutalen Landreform von 2000 profitierten: Die Enteignung von (weissen) GrossfarmerInnen schadete zwar der Volkswirtschaft und bereicherte vor allem die eigene Elite, ermöglichte aber auch die Ansiedlung von rund 250 000  KleinbäuerInnen. Derweil ist die Opposition zerstritten und zersplittert. Und die Bevölkerungsmehrheit, die die Zanu-PF hasst, erinnert sich mit Schrecken an die letzte Wahl 2008. Damals siegten in der ersten Runde die Oppositionspartei Movement for Democratic Change (MDC) und deren Präsidentschaftskandidat Morgan Tsvangirai. Doch dann zogen Schlägerbanden über vermeintliche MDC-WählerInnen her, töteten mindestens 200, verletzten und vergewaltigten Tausende.

Tsvangirai trat danach nicht mehr zum zweiten Wahlgang an, wurde aber mit Unterstützung der regionalen Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika Ministerpräsident in einer Koalitionsregierung unter Mugabe. Die Koalition brachte einige Verbesserungen. Etwa das Ende der Hyperinflation, nachdem der Finanzminister aus den Reihen der MDC den US-Dollar als offizielle Währung einsetzte. Seither gibt es wieder Waren in den Ladenregalen – wenn auch meist «made in South Africa», denn Mugabes verheerende Wirtschafts- und Landpolitik hatte zu einer Deindustrialisierung geführt. Simbabwe, das lange hochwertige Agrarprodukte exportierte, ist zu einem Nettoimporteur von Nahrungsmitteln und zu einem der ärmsten Länder der Welt geworden. Zwischen 1999 und 2008 sank das Bruttosozialprodukt um 45 Prozent, 16 Prozent der Bevölkerung leben in extremer Armut.

Dabei ist das Land reich an Bodenschätzen, verfügt über guten Boden für Landwirtschaft und weist ein hohes Bildungsniveau auf. Allerdings sind drei Millionen meist gut ausgebildete SimbabwerInnen ins Ausland geflüchtet; dies bei einer Gesamtbevölkerung von unter dreizehn Millionen. Vor sieben Jahren wurden enorme Diamantenvorkommen entdeckt. Diese werden von Mugabe und der Parteielite mithilfe chinesischer Partnerunternehmen ausgebeutet. Die Gewinne gehen an der Staatskasse vorbei, die 10,7 Milliarden US-Dollar Schulden aufweist.

Die Koalitionsjahre schadeten Tsvangirai, der nun erneut zur Präsidentschaftswahl antritt. Auch ihm und seinen MinisterInnen gefielen die Fleischtöpfe der Macht. Sie verloren den Draht zum Volk, einige waren korrupt. Dem gewieften und erfahrenen Mugabe war die MDC nicht gewachsen. Trotz einer Mehrheit im Parlament konnte sich die MDC, die sich in zwei Fraktionen spaltete, nicht durchsetzen. Selbst die neue, in einem Volksreferendum verabschiedete Verfassung trägt grösstenteils die Handschrift Mugabes. Die Regierung sollte zwar vereinbarte Reformen umsetzen, doch Mugabe kontrolliert weiterhin die Sicherheitskräfte, die Justiz und die Medien. Und er bestimmte zuletzt auch den Wahltermin, obwohl die (von ihm kontrollierte) Wahlkommission bankrott und unfähig ist.

Unabhängig vom Wahlausgang müssen die Wirtschaftsprobleme bewältigt werden. Die MDC wäre darauf besser vorbereitet. Ihr Finanzminister hat bereits in der Koalitionsregierung seine Fähigkeiten bewiesen, und ihr Wahlmanifest verspricht eine Industrialisierungspolitik, die Arbeitsplätze schafft. Bei einer rekordhohen Arbeitslosigkeit von gegen 75 Prozent wäre das durchaus relevant.

Die meisten SimbabwerInnen sehnen sich nach einem Neuanfang, der auch ausländische Investitionen und Entwicklungshilfegelder anlocken würde. Die Frage ist, ob sie den Mut aufbringen, am 31. Juli für einen Neuanfang zu wählen. Und ob Simbabwes Partner, die frühere Wahlen für frei und fair erklärt hatten, diesmal mehr Rückgrat haben.