Wichtig zu wissen: Aufräumen als Kunst

Nr. 45 –

Unser Kolumnist Ruedi Widmer löst das Endlagerproblem.

Mühleberg wird 2019 stillgelegt. Das ist so erfreulich wie frustrierend. Denn bis dahin sinds noch sechs Jahre, und der Betreiber BKW wird auf teure Investitionen in die Sicherheit des AKWs verzichten. Aber sechs Jahre sind nichts.

Denn 2019 beginnt das eigentliche Atomzeitalter. Der Spass ist vorbei, und die Verantwortlichen beziehungsweise die nicht dafür Verantwortlichen müssen sich mit der Hinterlassenschaft von vierzig Jahren Spass und Günstigstrom auseinandersetzen. Aufräumen ist ohnehin das Thema der Zukunft. Kinder sollten statt in Mathe oder Deutsch in Aufräumen unterrichtet werden, um sich ideal auf die zukünftige Berufswelt vorbereiten zu können.

Die GewinnerInnen des Atomzeitalters decken sich lieber mit teuren Autos, Schmuck und Kunst ein. Aufräumen ist dem Staat und dem Steuerzahler überlassen. Wie aber können wir uns vor den horrenden Kosten schützen, die das Atomzeitalter verursachen wird?

Aufräumen muss als Kunst definiert werden. Die Endlagerung radioaktiven Mülls gehört in die Hände eines Künstlers, am besten in jene von Damien Hirst, der das Endlager mit seinen diamantbesetzten Totenschädeln schmückt. Russische Oligarchen auf der Suche nach der Endlagerung ihrer Millionen stürzen sich begeistert auf Hirsts Kunst und kaufen das gesamte Endlager. Vielleicht wollen sie das Kunstwerk sogar bei sich haben. Das wäre ein Glücksfall für die Schweiz. So gelangt unser Atommüll nach Moskau in Neureichenvillen, und wir haben nichts mehr zu tun damit.

Auch Street-Art-Hero Banksy könnte sich des Mülls annehmen, ihn ansprayen und ebenfalls für Millionen an die Bewohner der Upper East Side verkaufen. Verstrahlung durch Kunst ist im Vergleich zur Verstrahlung durch Fukushima sexy. Der Strahlentod kommt ohnehin später als der nächste Börsencrash.

WissenschaftlerInnen haben sich Gedanken gemacht, wie ein Atomendlager markiert sein muss, damit in den nächsten 24 000 Jahren keine Menschen oder Dinosaurier hineingehen und sich gefährden oder damit Missbrauch betreiben. Ein Weg ist die Bewachung, die über Generationen hinweg grosse Begeisterung auslösen würde. Ein zweiter ist das definitive Schliessen und Vergessen des Lagers. Künftige ahnungslose Baggerfahrer dürften daran Freude haben. Ein dritter ist die Gründung eines Geheimordens, der der Stätte quasireligiöse Bedeutung gibt. Religiöse Furcht ist länger vermittelbar als die wissenschaftliche Warnung vor radioaktiven Stoffen.

Wer im TV «Die Schweizer» anschaut, sieht, wie schwierig es ist, etwas bleibend endzulagern. Die endgelagerten Herrschaften Stauffacher oder Escher werden überhöht und verkitscht, von der einen Generation ausgegraben, von der nächsten wieder zugeschüttet, aber sie kommen immer wieder in neuer Mutation zum Vorschein.

Auch die Endlagerung von Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld nächsten Sommer gestaltet sich schwierig. Noch ist die Schweiz nicht bereit, ihn stillzulegen. Die Laufzeit sollte verlängert werden, zumal der österreichische Meiler Marcel Koller keinen Strom in die Schweiz liefern will. Doch haben Natitrainer nur einen Bruchteil der Halbwertszeit von Plutonium: Die erfolgreich endgelagerten Daniel Jeandupeux und Paul Wolfisberg strahlen schon seit Jahren nicht mehr und dürften auch in der siebten Staffel von «Die Schweizer» nicht vorkommen.

Schade, ist Mühleberg kein Natitrainer der achtziger Jahre.

Ruedi Widmer ist Cartoonist und löst auch Ihre Probleme.