Was weiter geschah: Sonderflüge: Auftrag an umstrittene Firma

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Seit letzter Woche ist bekannt, wer das Mandat für die medizinische Betreuung von sogenannten Sonderflügen übernimmt, bei denen Zwangsmittel bis zur Ganzkörperfesselung zum Einsatz kommen: Das Bundesamt für Migration (BFM) hat sich für die Oseara AG entschieden. Die Zürcher Firma nimmt den Auftrag ab April für voraussichtlich fünf Jahre wahr und erhält dafür mehr als 2,2 Millionen Franken. Vier weitere Anbieter, die das BFM geheim hält, gingen leer aus.

Die medizinische Verantwortung obliegt damit ausgerechnet jener Firma, die das Mandat zuletzt während einer zweijährigen Pilotphase bereits wahrgenommen hat und dafür massiv kritisiert worden ist. So hat die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF), die für das Vollzugsmonitoring von Sonderflügen verantwortlich ist, im Juli 2013 schwere Vorwürfe gegen Oseara gerichtet: In vier Fällen hat das medizinische Personal zwangsweise Beruhigungsmittel eingesetzt, darunter auch Ketamin, das «wegen seines ungünstigen Nebenwirkungsprofils aus medizinischer Sicht ungeeignet ist». Insgesamt sei die Zusammenarbeit schwierig und nicht zufriedenstellend gewesen.

Das BFM begründet seinen Entscheid gegenüber der WOZ damit, dass das Angebot der Oseara AG «wirtschaftlich und fachlich» am besten war. Den NKVF-Bericht kenne man, «die offenen Fragen und Empfehlungen werden wir aufnehmen und mit unseren Partnern Lösungen erarbeiten». Tatsächlich scheint sich mittlerweile einiges gebessert zu haben, wie NKVF-Geschäftsleiterin Sandra Imhof bestätigt: «Wir begrüssen den Entscheid. Oseara hat sich in den letzten Monaten professionalisiert und zufriedenstellende Strukturen geschaffen.»

Diese Entwicklung ändert nichts an der grundsätzlichen Kritik an Sonderflügen. Michel Romanens, Präsident des Vereins Ethik und Medizin, hält fest: «Ärzte tragen hier die medizinische Verantwortung für eine Prozedur, die nicht vereinbar ist mit den ethischen Grundprinzipien, die der Weltärztebund und die Standesordnung der Schweizer Ärzte vorgeben. Ausschaffungen mit Ganzkörperfesselung sind eine Form der Folter und gehören abgeschafft.» Dem entgegnet das BFM: «Wir führen Sonderflüge durch, um die Glaubwürdigkeit der Asylpolitik zu erhalten.»

Nachtrag zum Artikel «Ruhiggespritzt 
und ausgeschafft» in WOZ Nr. 4/13.