Was weiter geschah: Strafanzeige gegen Berner Polizei

Nr. 47 –

Amtsmissbrauch, Freiheitsberaubung, Nötigung, Tätlichkeit, Gefährdung des Lebens, Hausfriedensbruch, Körperverletzung, Sachbeschädigung – so lauten die Anzeigen gegen den namentlich bekannten Einsatzleiter der Berner Kantonspolizei und weitere Personen, deren Namen die zuständige Staatsanwaltschaft des Kantons Bern für besondere Aufgaben nun ermitteln muss.

Diese Anzeigen sind das Ergebnis einer WOZ-Recherche (siehe WOZ Nr. 38/2015 ). Mehr als ein Dutzend junge Frauen und Männer hatten in dieser Zeitung schwere Vorwürfe erhoben: Die Berner Spezialeinheit Enzian hatte in Ostermundigen und in Bern wiederholt zwischengenutzte Häuser gestürmt, verstörte BewohnerInnen und hohe Sachschäden hinterlassen. Die betroffenen Personen waren keiner Straftat beschuldigt. Die Polizei hatte argumentiert, in den Zwischennutzungen verdächtige Personen vermutet zu haben. Gefunden wurden diese dort nicht.

Der Berner Strafrechtsprofessor Martino Mona hatte die Rechtmässigkeit des Vorgehens angezweifelt und bezeichnete einzelne Anschuldigungen als «sehr gravierend». Mona forderte eine externe Untersuchung.

Die Geschäftsprüfungskommission des Kantonsrats zögert. Man wolle die Antwort auf eine Interpellation des grünen Politikers Hasim Sancar abwarten. Nun beschäftigt das Vorgehen der Sondereinheit Enzian die Justiz: Wie der Berner Rechtsanwalt Willi Egloff gegenüber der WOZ bestätigt, haben die Demokratischen JuristInnen Bern (DJB) am Dienstag im Namen von fünf Personen Strafanzeige eingereicht. «Ich bin sehr froh über diese Anzeigen, die alle von Betroffenen in Ostermundigen stammen», sagt Egloff. «Sie sind der einzige Weg, die krassen Übergriffe abzuklären.» Die Anzeige kommt zum richtigen Zeitpunkt: Weil ihr in jüngster Vergangenheit mehrfach vorgeworfen worden war, Ermittlungen gegen die Polizei im Sand verlaufen zu lassen, hatte die Berner Staatsanwaltschaft vergangene Woche kommuniziert, mit derartigen Untersuchungen in Zukunft die Abteilung für besondere Aufgaben zu beauftragen. Egloff hofft, dass die Anzeigen «nun nicht einfach in einer Schublade verschwinden».

Nachtrag zum Artikel «Amtlich bewilligter Polizeiterror» in WOZ Nr. 38/2015 .