«Black Panther»: Ein Superheld, der Fragen stellt

Nr. 24 –

Mit seiner Kritik am strukturellen Rassismus wurde der US-Intellektuelle Ta-Nehisi Coates berühmt. Nun hat er das Fach gewechselt und dem Comic-Superhelden Black Panther neues Leben eingehaucht.

Die USA versinken gerade in einem Black-Panther-Hype. Nein, die Aufregung gilt nicht der radikalen Black Panther Party, die vor fünfzig Jahren dem rassistischen US-System den Kampf angesagt hat. Auch wenn Black Panther alias T’Challa ironischerweise ebenfalls vor fünfzig Jahren die Bühne betreten hat: Black Panther ist ein Superheld aus dem Hause Marvel, eine Comicfigur also. Ihre Erfinder wussten nichts von den real existierenden Black Panthers, die im kalifornischen Oakland begonnen hatten, die Ghettobevölkerung mit bewaffneten Patrouillen vor der brutal auftretenden Polizei zu schützen. Und doch war die schwarze Comicfigur ein Produkt ihrer Zeit: Mitte der sechziger Jahre kreierte Marvel gleich mehrere Comichelden, die erkennbar einer ethnischen Minderheit angehörten.

Grund für den aktuellen Hype um die neue, zwölfteilige Black-Panther-Serie ist ihr Autor – der schwarze Intellektuelle Ta-Nehisi Coates. Spätestens seit seinem preisgekrönten Buch «Zwischen mir und der Welt» (siehe WOZ Nr. 5/2016 ), in dem er hart mit dem strukturellen Rassismus in den USA ins Gericht geht, ist der Journalist und Autor auf allen Kanälen präsent. Jetzt versucht sich Coates also zum ersten Mal im Reich der Fiktion – mehr noch, in der Welt fantastischer Superhelden. Im April ist der erste Band erschienen. Die 350 000 Exemplare waren rasch vergriffen, bereits ist die dritte Auflage in Produktion.

Figuren mit Tiefgang

Black Panther tritt zum ersten Mal in einer eigenen Serie auf. Bislang unterstützte er sporadisch die «Fantastic Four» oder die «Avengers» im Kampf gegen Superschurken. Eigentlich ist Black Panther T’Challa König von Wakanda, einem unabhängigen afrikanischen Staat, der von sämtlichen kolonialen Einflüssen unbehelligt geblieben ist. Dank seines Bodenschatzes Vibranium, einer Art energiegeladenen Metalls, das wahrscheinlich von einem Meteoriteneinschlag herrührt, lebt in Wakanda eine hoch technologisierte Gesellschaft. Gleichzeitig wirken tribale Mythen und Bräuche der Vorfahren fort. Hier in Wakanda nimmt auch die neue Serie ihren Anfang: Die Arbeiter in der Vibraniummine erheben sich – angestachelt von einer geheimnisvollen Frau – gegen ihren König. Es kommt zum Massaker, als T’Challas Soldaten mit Speeren auf die Arbeiter losgehen.

Coates schöpft für seine zwölfteilige Serie aus Steven Hahns «A Nation Under Our Feet» (2003), einer epischen historischen Erzählung über den Kampf der Schwarzen in den Südstaaten der USA um politische Macht und Selbstermächtigung nach dem Ende der Sklaverei 1865. Episch ist auch die Sprache in «Black Panther»: «Der Hass breitet sich aus», so der innere Monolog von T’Challa, «konsumiert den Körper der Nation, trennt mich von meinem eigen Fleisch und Blut». Als episch muss auch die Anlage der Geschichte bezeichnet werden. Coates führt auf wenigen Seiten eine breite Palette an Personen ein und entwirft eine komplexe Ausgangssituation. Auf der LeserInnenseite in Folge zwei entschuldigt sich der Autor denn auch gleich bei einer Leserin, die meint, sie habe der Story der Spur nach schon folgen können, aber so wirklich «gecheckt» habe sie es nicht.

Die Idee, jeweils am Schluss eines Hefts mit dem Publikum in einen Dialog zu treten, ermöglicht mitunter mehr als einen oberflächlichen Blick hinter die Kulissen. Was bereits im ersten «Black Panther»-Band überzeugt und Ta-Nehisi Coates’ überragendes Talent auch im Fiktionalen zeigt, ist der vielschichtige Charakter der Hauptfigur. T’Challa alias Black Panther offenbart in seinen inneren Monologen widersprüchliche Motive und eine Zerrissenheit, die in den Dialogen weiter ausgelotet werden. Der Zeichner Brian Stelfreeze fügt dieser Ambivalenz in seiner Umsetzung eine weitere Dimension hinzu, indem er T’Challas Gesicht oft hinter einer Maske verbirgt oder ihn dem Publikum den Rücken zukehren lässt. Damit wird die Hauptfigur zu einem Suchenden, dessen innere Konflikte die Handlung vorantreiben. Fragen, so Coates, hätten ihn schon immer mehr interessiert als Antworten. Fragen wie «Kann ein guter Mensch König sein, und würde eine fortschrittliche Gesellschaft wie Wakanda einen Monarchen überhaupt tolerieren?»

Warten auf die Fortsetzung

Im zweiten Band beginnen sich die ausgelegten Erzählstränge zu entwickeln, die einzelnen Figuren gewinnen an Plastizität und Vielschichtigkeit. Besonders die Frauenfiguren stechen hervor: Zenzi, die geheimnisvolle Hasssäerin aus der ersten Folge, oder Aneka und Ayo, zwei Frauen aus der königlichen Leibgarde Dora Milaje, die unverdient in Ungnade fallen und fortan als Liebespaar aus dem Untergrund für Wakanda kämpfen. Gut und Böse sind weder offensichtlich noch klar verteilt. Das spiegelt sich auch in der nuancierten Farbgestaltung von Laura Martin, die Primärfarben meidet und mit ihrer Farbdramaturgie der Geschichte viel Atmosphäre verleiht.

«Black Panther» ist nicht nur ein ehrgeiziges, es ist auch ein kollektives Projekt. Man vergibt es den AutorInnen deshalb gern, dass der dritte Band erst mit Verzögerung Ende Juni erscheint.

Ta-Nehisi Coates, Brian Stelfreeze, Laura Martin: «Black Panther». Marvel 2016. Bisher auf Englisch erschienen: Band 1 und 2.