Benjamin R. Barber (1939–2017): Zwischen Mullahs und Malls

Nr. 18 –

Benjamin Barber hat viele Linke in den USA wie ein verlässlicher Freund oder Nachbar durch politisch schwierige Zeiten begleitet. Der Politologe und Bürgerrechtsaktivist war empathisch, aber nie gefühlsduselig; analytisch scharf, aber nie ohne Hoffnung. Und der aufrechte Gang hatte beim 1939 in Manhattan geborenen Sohn von Theatereltern immer auch Stil und Rhythmus.

Nach dem 11. September 2001 war Benjamin Barber einer der Ersten und einer der wenigen, die dem superpatriotischen Sog hin zum «wohlmeinenden Imperialismus» widerstanden. Sein nüchternes Fazit: Die terroristischen Anschläge hätten zweifellos die Welt verändert, nicht aber die ideologischen Überzeugungen. Die rechten UnilateralistInnen in den USA glaubten immer noch oder jetzt erst recht, dass Krieg die einzig richtige Antwort auf den Terrorismus sei. Die Linke poche nach wie vor auf Internationalismus, Interdependenz und fordere eine gerechtere Globalisierung. Das einzige Problem sei, meinte Barber damals, dass die Linke nicht mehr laut genug zu sagen wage, dass die USA auf der Weltbühne herumtrampelten wie ein grosser Elefant, der meine, er sei ein Schmusekätzchen. Der Rest der Welt wolle von dieser Supermacht aber nicht sentimentale Barmherzigkeit, sondern ein faires System, das allen ein anständiges Leben ermögliche.

Bereits 1995 hatte Barber in seinem berühmtesten Buch «Dschihad vs. McWorld» geschrieben: «Wenn uns bloss die Wahl zwischen Mullahs und Malls (Einkaufszentren) bleibt, zwischen der Hegemonie des religiösen Absolutismus und der Hegemonie des Marktes, können sich Freiheit und der menschliche Geist nicht entwickeln.» Der Politologe machte es sich zur Lebensaufgabe, angesichts dieser verheerenden Bipolarität basisdemokratische Alternativen zu finden und zu fördern. Was er 1974 mit einer Abhandlung über die Räterepublik Graubünden begonnen hatte, führte er konsequent und mit der Geduld eines echten Aufklärers weiter. 2013 publizierte er «Wenn Bürgermeister die Welt regierten», ein Buch über dysfunktionale Nationen und aufstrebende Städte. Und soeben ist sein neustes Werk «Cool Cities» zu den Themen Urbanität und Klimawandel erschienen. «Im Zeitalter von Donald Trump wird der Widerstand lokal organisiert sein», schrieb der krebskranke Barber nach dem US-Wahldesaster. Am 24. April ist er verstorben.