Forschungsförderung: Der Nationalfonds ist angezählt

Nr. 15 –

Wer in der Schweiz eine akademische Karriere ins Auge fasst, kommt um den Nationalfonds (SNF) nicht herum: Er verteilt die öffentlichen Forschungsgelder und verleiht den geförderten Personen und Projekten den Nimbus akademischer Exzellenz. Bloss: Die Förderkriterien taugen immer weniger, der SNF steht deshalb schon seit Jahren immer wieder in der Kritik.

Nun greift ein Historiker zum Zweihänder: «Wir müssen den Nationalfonds auflösen», fordert Sacha Zala, Professor an der Uni Bern, in der «NZZ am Sonntag». Eine Institution, die Geistes- und Sozialwissenschaften systematisch marginalisiere und diskriminiere, sei nicht länger tragbar: «Der SNF agiert wie die Medizin, die ihre Medikamente am weissen Durchschnittsmann im besten Alter erprobt und dann allen gleichermassen verschreibt, sowohl der jungen schwarzen Frau als auch dem Greis aus Japan.» So ignoriere der SNF, dass Historiker:innen ihre Forschung selten in Tranchen zerlegen, um einzelne Resultate dann häppchenweise in Zeitschriften zu veröffentlichen – auf Englisch und in Publikationen mit einem möglichst hohen «Impact-Faktor», solchen, die von vielen anderen zitiert werden.

Selbst der Schweizerische Wissenschaftsrat geht in seinem aktuellen Evaluationsbericht hart mit dem SNF ins Gericht: Statt seinen Kernaufgaben nachzukommen, die Grundlagenforschung sowie den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern und dabei dem Bottom-up-Ansatz Rechnung zu tragen, gebärde er sich zunehmend autokratisch. Die Empfehlungen sind deutlich: «back to bottom-up», also die Forschenden aus den verschiedenen Fachrichtungen enger miteinbeziehen, wenn Förderprioritäten festgelegt werden. Grundlegend stärker zu unterstützen seien ausserdem die Sozial- und Geisteswissenschaften sowie die Gleichstellung (Diversität ist da hoffentlich mitgemeint).

Und was macht der SNF? Das Gegenteil: Er streicht konsultationslos das Programm «doc.CH» für Nachwuchsforschende aus den Geistes- und Sozialwissenschaften – nachdem er bereits die Marie-Heim-Vögtlin-Stipendien für Nachwuchsforscherinnen gestrichen hat.

Und was, wenn wir jetzt den SNF streichen? Zala schlägt vor, stattdessen einzelne Stiftungen zu gründen: für spezifische Forschungsbereiche wie Geistes- und Sozialwissenschaften, oder ausgerichtet auf Projekt- oder Karriereförderung. Von heute auf morgen wird das allerdings kaum passieren. «doc.CH» hingegen könnte schon morgen neu ausgeschrieben werden. Es wäre ein erster Schritt.