Peter Landolt: Er wird die Geister, die er rief, fast los

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Hat der Letzigrund-Manager nicht nur Hooligan-Partys organisiert, sondern auch Tickets an Fans mit Stadionverbot verteilt? Nein, stellt eine Untersuchung fest.


Es muss ein kleiner Schock für den Zürcher Stadtrat Gerold Lauber gewesen sein, als er 2007 die Bilder vorgelegt bekam. Sie zeigen den kurz zuvor angestellten Letzigrund-Stadionmanager Peter Landolt, wie er im Jahr 2003 im VIP-Zelt des Grasshopper Clubs Zürich einen Neonazi in einen Käfig dirigiert, ihn dort mit Handschellen ankettet und dann drei Stripperinnen für eine softe Lesbensexnummer in den Käfig führt. Der Hooligan-Bekämpfer unter Hooligans! Bei der Party handelte es sich um die von Landolt organisierte Samichlausfeier der Hardturm-Front.

«Niemand betrunken»

Landolt war in seiner neuen Position unter anderem für die sichere Abwicklung der Euro 2008 zuständig. Er gab in den Medien vor allem eine Parole durch: Keine Toleranz gegenüber Hooligans! Lauber bestellte den Stadionmanager in sein Büro und erteilte ihm einen Verweis: So etwas dürfe nie wieder vorkommen. Landolt selbst sagte, er sei kein Hooligan-Freund, die Party sei eine präventive Massnahme gewesen. Das wiederholte er, als die WOZ die Party und die Bilder im Herbst 2008 publik machte (siehe WOZ Nr. 42/08). Hatte es sich die Stadt Zürich seinerzeit ganz einfach nicht leisten können, den erfahrenen Sicherheitsmann so kurz vor der Euro 08 abzusetzen? Ist der angebliche Hardliner ein Hooligan-Fan? Oder war alles halb so wild?

Dem britischen «Guardian» war diese seltsame Geschichte jedenfalls unter dem Titel (und Landolt-Zitat aus der WOZ) «No one got drunk» einen Artikel wert. Dann sprang der «Blick» auf. Das Boulevardblatt, das Landolt in den letzten Jahren durch zahlreiche Interviews bei seinem Aufstieg zum Saubermann und Hardliner begleitet hatte, schoss scharf. Über drei Tage hinweg lieferte der «Blick» zahlreiche neue Schlagzeilen und zitierte anonym mehrere Personen, die Landolt unter anderem vorwarfen, Tickets an Hooligans mit Stadionverbot verteilt zu haben. Am Ende warfen jene Zeitungen, die den Sicherheitsmann über Jahre als Scharfmacher und Experten ins Blatt geholt hatten, ihm sogar vor, als gelernter Koch keine Ahnung von Sicherheitsfragen zu haben. Peter Stadelmann, der Boss der Swiss Football League, unter dem Landolt bis zur Publikation der Bilder als Präsident der Sicherheitskommission amtete, zeigte sich «nicht amüsiert».

Angst und Abscheu

Dass er derart heftig angeschossen wurde, muss sich Landolt selbst zuschreiben: Die Geister, die er gerufen hatte, wandten sich gegen ihn. Durch seine eigene mediale Inszenierung und durch seine permanenten Hardliner-Statements - etwa Gefängnis statt mehr Prävention -, sprach er eine Klientel an, die absolut kein Verständnis hat für Hooligan-Feiern. Sportjournalisten fordern, wenn es knallt, in der Regel sofort harte Massnahmen. Und Landolt bediente sie jahrelang. Als die Bilder von ihm inmitten der Zürcher Hardturm-Front auftauchten, war auf der einen Seite die Verwirrung gross, auf der anderen Seite die Häme. Dass Landolt plötzlich den Präventionsgedanken hervorhob, mochte Fussballsozialarbeitern ein Schmunzeln entlocken. Bei den meisten Medien aber löst das Schlagwort Hooligan spätestens seit der «Schande von Basel» (wo Landolt ebenfalls als Hardliner zur Stelle war) nur Angst und Abscheu aus. Dass auf den Bildern auch noch ein Hakenkreuz zu sehen war, tat das Übrige.

Als die Bombe in der Presse explodierte, war Stadtrat Gerold Lauber in den Ferien. Dann schickte er Landolt zwei Monate in den Urlaub und ordnete eine Untersuchung an. Dabei ging es nicht um Hakenkreuz, Strip und Handschellen - die frühere Arbeit als GC-Sicherheitschef, die ihm den Posten bei der Stadt einbrachte, sei nicht relevant, so die Argumentation des Sportamtes.

Es ging vielmehr um zwei schwere Anschuldigungen, die im «Blick» erhoben wurden: Landolt habe 2007 Tickets an Personen mit Stadionverbot verteilt und zudem Hooligan-Schlachten ermöglicht. Diese Vorwürfe lassen sich laut Urs Saxer, der die Administrativuntersuchung leitete, nicht erhärten. «Die beiden Kernanschuldigungen liessen sich nicht bestätigen», sagt Saxer. Der Rechtsprofessor war zwar bei seiner laut Sportdepartement «aufwendigen Administrativuntersuchung» mit Stellenprozenten nicht gerade gut dotiert, erweckte aber bei einem längeren Gespräch mit der WOZ im November 2008 auch nicht den Eindruck, Landolt reinwaschen zu wollen. Er befragte rund dreissig Personen, und am Ende blieb von den Vorwürfen «ziemlich wenig übrig».

Aussagen gegen Aussage

In der Fussballwelt gibt es das Hooligan-Gesetz. Es wurde von Peter Landolt mitgeprägt. Das Gesetz hebelt die Unschuldsvermutung aus: Fans können durch die blosse Aussage eines Sicherheitsmitarbeiters weggewiesen und mit Stadionverbot belegt werden. Das Gesetz hat selbstherrliches Auftreten von privaten Sicherheitsleuten geradezu gefördert. In der übrigen Welt gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung, und somit zählt auch die Aussage eines Angeschuldigten. Daher war für Saxer die Entscheidung klar: Diverse nicht belegbare schwere Vorwürfe standen gegen Landolts Aussage - und das war definitiv zu wenig, um einen Mann um seine Stellung, seinen Ruf und seine Karriere zu bringen. Landolt habe, schreibt die Stadt, als Manager einen guten Job gemacht. Mit Ausnahmen: «In Einzelfällen wurde im Rahmen der Untersuchung ein teilweise nicht adäquates Verhalten Landolts festgestellt, so gegenüber Fangruppierungen sowie gegenüber einzelnen Vertretern der Stadtpolizei.» Saxer sagt dazu: «Tatsächlich haben einzelne Verhaltensweisen auf eine gewisse Nähe zu Hooligans schliessen lassen, während das Verhältnis zu anderen Fangruppen eher belastet war.»

Saxer betont, dass dies, wie die Strip-Party, vor Landolts Zeit als städtischer Angestellter war, also vor 2007. Die Partys von 2002 und 2003 findet CVP-Mann Gerold Lauber natürlich «geschmacklos». Wenn der Stadtrat findet, solche Strip-Partys für Hooligans des heutigen Stadionmanagers in seinem Vorgängerjob seien kein Problem für dessen Glaubwürdigkeit, seine Amtsausübung und für seinen Ruf, dann ist das letztlich nicht das Problem von Peter Landolt, sondern womöglich jenes von CVP-Stadtrat Gerold Lauber. Peter Landolt hat seine Arbeit bei der Stadt am 1. Januar wieder aufgenommen.