Bersets «Neuigkeiten»: Her mit der Kultur für alle

Nr. 33 –

Bundesrat Alain Berset strahlte, als er letzte Woche am Filmfestival Locarno die Presse über «eine neue Dynamik für die Schweizer Kulturpolitik» informierte. Ins Zentrum stellte der Kulturminister drei Punkte: Die Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden soll verbessert werden, Berset sprach gar vom «Projekt einer nationalen Kulturpolitik». Ausserdem soll die Schweizer Kultur im Ausland sichtbarer werden. Und die Kulturförderung soll vermehrt das Publikum berücksichtigen und so eine bessere Chancengleichheit des Zugangs zur Kultur ermöglichen.

Berset pries seine Vorschläge charmant als Neuigkeiten an – doch neu ist das alles nicht: Bereits in der «Botschaft über die Förderung der Kultur in den Jahren 2012–2015» aus dem Jahr 2011 gehörten sie zu den fünf Kernzielen des Bundes. Die in der Kulturbotschaft formulierten Massnahmen blieben vage.

Wie die Ziele erreicht werden sollen – darüber informierte Bundesrat Berset in Locarno überhaupt nicht. Eine nationale Kulturpolitik würde verlangen, dass der Bund stärkeren Einfluss hat. Wie soll das bloss geschehen? 2010 machten die Kulturausgaben des Bundes mit 267 Millionen 10 Prozent der gesamten Kulturausgaben in der Schweiz aus, das sind lausige 0,4 Prozent des Gesamtbudgets des Bundes. Grössere Beiträge leisten Gemeinden und Kantone: Erstere tragen die Hälfte, Letztere rund 40 Prozent der Ausgaben. Da werden die Gemeinden und Kantone ihre Kompetenzen wohl kaum an den Bund abtreten.

Das Ziel, den Zugang zur Kultur für alle zu verbessern, ist lobenswert. Nicht nur eine gut verdienende und gut ausgebildete Elite soll von kulturellen Angeboten profitieren können. Vielmehr braucht es Projekte, die die Kultur über die herkömmlichen Orte hinaustragen, so etwa in Quartierzentren am Stadtrand oder in der Agglomeration. Kulturschaffende sollten enger mit Schulen zusammenarbeiten. Und nötig sind kulturelle Veranstaltungen zu Themen und Geschichten, die Jugendliche unmittelbar betreffen und sie zu Eigenaktivitäten anregen. Am 
1. November tritt Isabelle Chassot ihre neue Stelle als Direktorin des Bundesamts für Kultur an. An ihr liegt es, aus vagen Worten konkrete Taten werden zu lassen.