Medientagebuch zur Rückkehr des griechischen Staatssenders: Ein Hoffnungsschimmer

Nr. 25 –

Theodora Mavropoulos über die Rückkehr des griechischen Staatssenders

Am 11. Juni 2013 wurde der griechische Staatsrundfunk, die ERT, auf Anweisung von Antonis Samaras, dem damaligen Ministerpräsidenten und Parteichef der konservativen Nea Dimokratia, über Nacht geschlossen. Samaras’ Begründung: Sparmassnahmen. Mehr als 2500 Menschen verloren urplötzlich ihren Arbeitsplatz.

Der überwiegende Teil von ihnen soll nun wieder eingestellt werden. Nach exakt zwei Jahren Funkstille ist der Staatsrundfunk seit einer Woche wieder auf Sendung. Damit setzt die Regierung unter Alexis Tsipras eines ihrer Wahlkampfversprechen um.

Die Rückkehr der ERT ist für viele GriechInnen ein Zeichen für die Demokratie. «Die Demokratie ist in Krisenzeiten völlig abhandengekommen», sagt Maria, eine junge Frau, die sich wie viele andere am letzten Donnerstag mit ehemaligen ERT-Angestellten zur Eröffnungsfeier des Senders begab. Dass die ERT wiedereröffnet werde, sei ein Zeichen dafür, dass es doch noch einen Rechtsstaat gebe.

Unter der alten Regierung hatte der Staatssender den Ruf, Stellen mit ungeeigneten, aber regierungskonformen Personen zu besetzen. «Jemand, der die richtigen Beziehungen hatte, bekam ein viel besseres Gehalt», erinnert sich Nikos Aggelidis, der ab 2000 als Moderator fest bei der ERT angestellt war. Er moderierte am vergangenen Donnerstagmorgen die erste Nachrichtensendung der wiedereröffneten ERT.

Nach dem plötzlichen Aus besetzten Aggelidis und weitere JournalistInnen fünf Monate lang das Rundfunkgebäude und hielten einen Teil des Programms online am Laufen. Im November 2013 wurde das Gebäude von der griechischen Polizei geräumt. Als offizieller Staatsrundfunk wurde der Sender Nerit eröffnet – «ein Provisorium, kein Staatssender», wie Aggelidis betont. Was die GriechInnen brauchten, sei jedoch «eine demokratische Sendeanstalt mit einem pluralistischen, unparteilichen Programm». Aggelidis setzt nun auf Tsipras und seine Regierungspartei Syriza, die sich als damalige Opposition gegen die Schliessung wehrte – und zuvor auch schon die Vetternwirtschaft zwischen der ERT und der Politik kritisierte.

Anlässlich der Wiedereröffnung gaben sich die SpitzenvertreterInnen der Syriza gewohnt nahbar – gleich nach den zähen Verhandlungen um weitere Kredite mit EU-VertreterInnen: Finanzminister Yanis Varoufakis kam in einem verwaschenen T-Shirt in Begleitung seiner Frau, um sich das Eröffnungskonzert des Rundfunkorchesters anzuhören. Wenig später gesellte sich Parlamentspräsidentin Zoi Konstantopoulou dazu. Höhepunkt war der Auftritt von Alexis Tsipras, der – soeben aus Brüssel zurück – unter Jubel empfangen wurde: «Die Wiedereröffnung der ERT wurde nicht durch die Regierung durchgesetzt, sondern durch die Angestellten der ERT», rief er in die Menge.

Der Staatsrundfunk soll nun auf einer demokratischen Grundlage neu aufgestellt werden, wie sie andere europäische Staatssender innerhalb der Europäischen Rundfunkunion haben. Eine personelle Änderung in der Führung hat die neue Regierung bereits durchgesetzt. Neu ist auch, dass mehrere Kulturschaffende in der Leitung der ERT sitzen.

Auch der Rentner Apollon Maraviadis stand an der Wiedereröffnungsfeier vor der Bühne. «Ich habe mein Leben lang hart gearbeitet – und nie viel verdient. Nun möchte ich einfach Gerechtigkeit – eine normale Rente zum Leben», sagt er. Die Wiedereröffnung der ERT ist für ihn ein Hoffnungsschimmer. Darauf, dass Tsipras seine Wahlversprechen hält.

Theodora Mavropoulos berichtet 
für die WOZ aus Athen.