40 Texte aus 40 Jahren: 1983: Agenturmeldungen: Die Welt spinnt

In Adelaide (Australien) sind erstmals Drillinge, die ihr Leben dem Reagenzglas verdanken, zur Welt gekommen. Auf Ersuchen der Eltern werden die Namen nicht bekanntgegeben. Interessierte Kreise wollen erfahren haben, es sei noch nicht klar, welches der drei Kleinen auf den Namen Rea, bzw. Genz, bzw. Glas hören solle. Ob die australischen Beamten wohl toleranter sind als die deutschen Kollegen? Diese hatten kürzlich verhindert, dass ein deutsches Kind auf den Namen «Grammophon» getauft wurde.

Auf den Namen «Maggie» hört jene englische Dame, die seit neustem auch noch an einem Knopfdruckwahn leidet. In einem Fernsehinterview gab sie zu, sie würde keinen Moment zögern, auf den Atomwaffen-Knopf zu drücken, falls Nato-Staaten angegriffen würden. Wie soll man da noch ruhig schlafen können, wenn besagte Dame nicht einmal fähig ist, ihre Kampfflugzeuge unter Kontrolle zu halten: Ein britisches Düsenflugzeug landete kürzlich völlig unmotiviert auf einem spanischen Frachter im Atlantik. Was da die Matrosen vielleicht gestaunt haben! Vermutlich um nichts weniger als jener Fischer, der in Santa Barbara einen weissen Hai von 4,5 Metern Länge an Land gezogen hat. Bei der Ankunft auf dem Trockenen sei Letzterer zwar erschöpft, aber nicht tot gewesen und habe noch während Stunden seine blutigen Zähne gezeigt und böse mit den Augen gerollt.

Derart unfreundliche Gesten wird auch Ronald Reagan unternommen haben, als ihm zu Ohren kam, dass die grosse Mehrheit der Franzosen ihn weit weniger wichtig findet als den Papst. Vollends den Nuggi herausgeschletzt wird es ihm haben, als erhören musste, dass der dänische Aussenminister die sowjetische Position zur Schaffung einer atomwaffenfreien Zone in Nordeuropa als «interessant» bezeichnete. Zu solch pointierten Aussagen ist sonst nur noch unser Bundesrat Egli fähig: Es sei ein Privileg des Künstlers, die Rolle als Bürgerschreck zu spielen, äusserte kürzlich ausgerechnet Egli, diese Augenweide.

Ab Juni dürfen die Schweizer Bürger um Mitternacht mit einer Ohrenweide rechnen: Die schweizerische Vereinigung für geistige Landesverteidigung, Pro Libertate, hat mit einer Unterschriftensammlung durchgebracht, dass um diese Zeit die Nationalhymne «Trittst im Morgenrot an Ort» im Radio wieder gesendet wird. Dafür müssen die Mattscheiben-Freunde bis zu den Nationalratswahlen im Herbst auf das Gesicht des Fernseh-Bundeshausredaktors Marc-Roland Peter verzichten. Er kandidiert nämlich für die SVP, und da könnte er ja das Stimmvolk subversiv beeinflussen. Zum Beispiel so: Sönen Veierabend Piteinander — natürlich immer mit Betonung auf dem ersten Konsonanten.

Das würde bestimmt auffallen, denn so sprechen sonst nur Leute, die eben den Zahnarzt konsultiert haben. Hier und jetzt wollen wir einmal dieser bedauernswerten Gattung Mensch, den Zahnärzten, unser Mitleid kundtun. Laut einer Umfrage, belastet eine Behandlung diese nämlich aufs extremste. Besonders Mühe hätten sie mit Problempatienten, die bei jeder Gelegenheit den Mund aufreissen.

Dieser Text ist ursprünglich in der WOZ Nr. 23 vom 10. Juni 1983 erschienen. Aus Anlass des 40-Jahr-Jubiläums der Wochenzeitung WOZ haben wir unser Archiv nach Perlen durchsucht, die wir erneut veröffentlichen, und das Tag für Tag bis hin zur Jubiläumsausgabe, die am 30. September 2021 erscheint.