Winterthur: Widerstand seit bald zehn Jahren

Nr. 17 –

Illustration: 3 Personen die zusammenstehen

Ein verstorbener Kunstsammler ist wohl die prägendste Figur der Winterthurer Wohnpolitik. Bruno Stefanini baute zwischen 1950 und 1980 ein Immobilienimperium mit rund 200 Häusern sowie eine Kunstsammlung von über 80 000 Objekten auf.

Stefanini schien in erster Linie von der Sammelwut getrieben, denn nach dem Erwerb der Häuser und der Kunstgegenstände kümmerte er sich meist nicht weiter darum. So verlotterten in der sechstgrössten Stadt der Schweiz im Lauf der letzten Jahrzehnte Hunderte von Wohnungen, die dadurch aber auch sehr günstig blieben. Sie bieten Wohn- und Lebensraum für Menschen, die sonst kaum mehr in Winterthur wären.

Nach Stefaninis Tod im Dezember 2018 änderte sich die Ausgangslage grundsätzlich. Sämtliche Immobilien sowie die dafür zuständige Verwaltungsfirma, die Terresta AG, gingen in den Besitz der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte (SKKG) über, die nach einem jahrelangen Rechtsstreit von seiner Tochter Bettina Stefanini geführt wird. In welche Richtung die SKKG ihren riesigen Immobilienbestand führen will, gab sie vor zwei Jahren bekannt: Sie will die Liegenschaften für insgesamt eine Milliarde Franken renovieren oder durch Neubauten ersetzen lassen. Das bedeutet unweigerlich höhere Mietpreise und eine Verdrängung vieler bisheriger Mieter:innen.

Doch diese wehren sich. Weil diese Entwicklung schon vor dem Ableben des notorischen Sammlers absehbar war, schlossen sich Mieter:innen von Stefanini-Häusern bereits im Herbst 2014 zusammen. Inzwischen treffen sie sich einmal im Monat zum Austausch. Ihre Forderungen: Erhalt von bezahlbarem Wohnraum, keine wertsteigernden Sanierungen, Mitsprache über die Zukunft der Liegenschaften sowie eine transparente Kommunikation der SKKG.

Ein Fokus des Widerstands sind mehrere besetzte Stefanini-Häuser, darunter die legendäre «Gisi». Die Bewohner:innen retteten die Häuser vor dem Verfall und verwalten diese seither selbst. Die SKKG möchte diese Häuser räumen lassen und abreissen oder sanieren – und so rund fünfzig Bewohner:innen auf die Strasse stellen.  

Website der IG der Bewohner:innen und Benutzer:innen der Stefanini-Liegenschaften: igbbsl.wordpress.com.