Diesseits von Gut und Böse: Weil sie es können

Nr. 38 –

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«Wet Lease» ist kein neuer Frisurentrend mit viel Gel im Haar, sondern bezeichnet das Leasen von Flugzeugen anderer Airlines inklusive Besatzung und Wartungspersonal – vermutlich «feucht», weil Arbeiten am und im Flugzeug durchaus schweisstreibend sein können.

Zu solcher Feuchtmiete griff die Swiss nach der Coronapandemie, weil ihr beim wieder ansteigenden Flugverkehr das Personal fehlte, das sie entlassen hatte. Man mietete von der lettischen Air Baltic Maschinen samt Crew, mit denen seither Flüge für die Swiss durchgeführt werden. Denn was damals als Übergangslösung gedacht war, gilt bis heute. Und man beachte: Die lettischen Crewmitglieder verdienen weniger als die Hälfte dessen, was man ihren Schweizer Kolleg:innen zahlt. Und diesen Tiefstlohn erhalten die lettischen Angestellten auch, wenn sie für die Swiss fliegen.

Aufgrund einer Meldung der Gewerkschaft des Kabinenpersonals Kapers wies das Seco die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich schon 2023 an, dafür zu sorgen, dass die lettischen Crewmitglieder gleich bezahlt werden wie Schweizer Mitarbeitende. Geändert hat sich bis heute: nichts.

Swiss und Air Baltic erhoben gegen die Anweisung Rekurs, wobei die zuständige Rekursinstanz – Überraschung! – zur Zürcher Volkswirtschaftsdirektion gehört, deren Vorsteherin, die FDP-Regierungsrätin Carmen Walker Späh, auch im Verwaltungsrat der Flughafen Zürich AG sitzt. Also ich denke ja, wenn es wie Filz aussieht und wie Filz riecht, ist es Filz.

Dem Rekurs wurde jetzt stattgegeben. Die Begründung dafür, dass die lettischen Crewmitglieder weiterhin nur halb so viel verdienen, lautet, ihre Tätigkeit vermöge «keine hinreichende Verbindung zur Schweiz» zu begründen, obwohl sie regelmässig im Flughafenbereich übernachten und arbeiten.

Die Gewerkschaft Kapers hat jetzt beim Verwaltungsgericht Beschwerde eingereicht: Die Entscheidung des Kantons Zürich bringe die «lettischen Kolleginnen und Kollegen um ihren gerechten Lohn, verdrängt Schweizer Arbeitsplätze und untergräbt den Lohnschutz».

Erinnern Sie sich noch an das Jubelgeschrei im August, die Flughafen Zürich AG habe das beste Halbjahresergebnis ihrer Firmengeschichte verzeichnet? Denn Klimaerwärmung hin oder her – geflogen wird ja längst wieder wie die wilde Sau. Und mit ihrer Feuchtmiete hilft die Swiss mit, dass es weiter so schön billig bleibt.