Diesseits von Gut und Böse: Backlash vom Feinsten

«Studentinnen wollen lieber einen erfolgreichen Mann als Karriere machen», kreischte es schrill aus der letzten «SonntagsZeitung», und alles, was Nachrichten verbreitet, echote es laut nach: Endlich wurde der Skandal, den wir schon immer witterten, wissenschaftlich bewiesen! Selbst die beiden Forscherinnen, die die oben genannte Einstellung per Umfrage aus 10 000 Studentinnen an Uni und ETH Zürich herauskitzelten, habe das Ergebnis «schlichtweg umgehauen».
Nachdem die «SonntagsZeitung» schon kürzlich mit der Lancierung Teilzeit arbeitender akademischer Müssiggänger:innen eine weitgehend sinnfreie Diskussion in Gang setzte, frohlockt sie diesmal: «Das Resultat verblüfft – und könnte die Debatte um die Gleichstellung verändern.» Wenn nämlich Akademikerinnen gar keine Gleichstellung wünschen, weil sie lieber ihre Kinder betreuen – und die der im Supermarkt schuftenden Nachbarin gleich mit –, statt Professorin zu werden, kann man viel Geld sparen.
Zum Glück machten sich einige Personen schnell daran, die Studie näher zu betrachten. Auf «Watson» erläuterte eine Doktorandin, die selbst teilgenommen hatte, an konkreten Beispielen, dass Suggestivfragen, die Geschlechtsstereotype reproduzierten, gestellt worden seien. Und auf maenner.ch wurden einige Ergebnisse der Originalstudie der tendenziösen Interpretation durch die «SonntagsZeitung» gegenübergestellt. Einig sind sich alle: Die Studie blendet die Gründe, weshalb manche Frauen eher auf eine Karriere verzichten, konsequent aus.
Eine der Forscherinnen bestätigte «Watson», die Studie sei «noch nicht peer-reviewt», also «noch nicht von anderen Wissenschaftlerinnen und Experten begutachtet und geprüft», und auch «noch nicht 100 Prozent fertig». Der Autor der «SonntagsZeitung» habe sie «wochenlang bearbeitet […], deshalb haben wir ihm sie geliefert».
Tja. Ganz dumm gelaufen.