Diesseits von Gut und Böse: Breaking News

Zum Glück füllten die Olympischen Spiele das Sommerloch, sonst hätten wir uns ausschliesslich mit den Dyskalkulieproblemen im Bundesamt für Sozialversicherungen beschäftigen müssen. Dass es in Paris fröhlich zu und her ging, war der gebeutelten französischen Bevölkerung von Herzen zu gönnen. Aber es bleiben Rätsel.
Ich staune nämlich schon seit Jahrzehnten, mit welch akrobatischem Todesmut sich junge Menschen zu Boden werfen und nach rasendem Drehen und Wirbeln ohne sichtbare Schädelverletzungen wieder auf die Füsse kommen. Breakdance – im Fachjargon Breaking – ist Hochleistungssport. Weshalb dieser im Jahr 2024 erstmals bei Olympia zugelassen war, ist mir schleierhaft. Dass er auch gleich wieder rausfliegt, ebenso.
Die Schuld daran geben nun viele der australischen Teilnehmerin Rachael Gunn aka Raygun. Bei ihrem Auftritt drehte und wand sie sich ebenfalls mutig am Boden, doch ihren Moves mangelte es offenbar an der erforderlichen Eleganz, und als sie gar wie ein Känguru hopste, fühlten sich viele Zuschauer:innen und die Jury veräppelt. Sie erhielt null Punkte. Aber ihre Performance verbreitete sich viral, Raygun ist jetzt bekannter als die japanische Goldmedaillengewinnerin Ami.
Raygun ist Dozentin für Kunst und Kommunikation, ihre Doktorarbeit schrieb sie zum Thema «Kulturelle und politische Einflüsse beim Breaking». «Habt keine Angst, anders zu sein, geht raus und repräsentiert euch selbst, ihr wisst nie, wohin euch das führt», schrieb sie auf Instagram und hat in ihrem Fall zweifellos recht.
Doch man bleibt sich uneinig: War ihr Auftritt ein Prank? War es Kunst? Und hat sie der olympischen Idee geschadet?
Zweifellos verbesserungswürdig wäre beim Breaking der Qualifikationsprozess vor einer Olympiateilnahme, der in den Händen des Welttanzverbands lag. Zu den kontinentalen Auswahlveranstaltungen mussten die Teilnehmenden auf eigene Kosten anreisen und übernachten, was für jene aus ärmeren Gegenden eine grosse Hürde war und viele talentierte Tänzer:innen von vornherein ausschloss, sagte ein Insider im «Spiegel».
Und so gehts halt auch bei dem Sport, der als Street Art begann, um Geld.