Diesseits von Gut und Böse: Acht statt fünf!

«‹Wir müssen den Jugendlichen wieder beibringen zu kämpfen›, sagt der Jugendpsychologe», titelte die NZZ. Dass sie das nun gerade mit einem Brief an den Bundesrat tun, in dem sie acht statt fünf Wochen Ferien für Lernende fordern, hat er vielleicht nicht gemeint. 136 657 Unterschriften stehen schon unter dem Brief, während ich das schreibe. Lernende leisteten viel, heisst es dort, doch die Erholung komme oft zu kurz. Viele von ihnen litten unter Stress, jede:r Vierte breche die Lehre ab.
Die Forderung aus Gewerkschaftskreisen bezieht sich auch auf eine Studie zur psychischen Gesundheit von Lernenden, die am Montag veröffentlicht wurde und für die 45 000 Lernende befragt wurden. Achtzig Prozent gaben an, in der Ausbildung gehe es ihnen gut oder sogar sehr gut, gleichzeitig sagten rund sechzig Prozent, schon öfter psychische Krisen durchlebt zu haben, was nur ein scheinbarer Widerspruch ist, denn viele Krisen haben ihren Ursprung im privaten Umfeld.
Mehr Ferien könnten auch das Ungleichgewicht zu Gymischüler:innen mildern, die dreizehn Wochen Ferien haben. Zudem hoffe man, die Berufslehre so wieder attraktiver zu machen. Denn viele unterschätzten bei der Berufswahl den Wert der Schweizer Berufslehre.
Doch seit die Forderung publik wurde, tobt in allen Kommentarspalten wieder der Bär. Da findet sich «die Wohlstandsverwahrlosung der Gen Z und Gen Alpha» ebenso wie: Junge sollen sich «einfach mal durchbeissen, wie es andere in den letzten Jahrzehnten gemacht haben», und «Leistungsbereitschaft und beruflicher Ehrgeiz sind in der Schweiz wohl vorbei». Von einer Bevölkerung, die sich 2012 mit einer Zweidrittelmehrheit selber sechs Wochen Ferien verbat, ist auch nichts anderes zu erwarten.
Ob zusätzliche Ferien psychische Probleme lösen helfen, weiss im Übrigen niemand, aber sie täten gut. Und dass sich gemäss diversen Medien die Fachwelt in wesentlichen Punkten einig ist, stimmt froh: Die Jugend von heute sei nicht verweichlicht, sondern motiviert. Für sie sei nicht nur die Arbeitsatmosphäre, sondern auch die empfundene Sinnhaftigkeit im Job wichtig. Und dafür lohnt es sich wirklich zu kämpfen!