Was weiter geschah: Strafverfahren gegen «Weltwoche» eingestellt

Nr. 28 –

Strafverfahren gegen «Weltwoche» eingestellt

Anfang der Woche hat die Zürcher Staatsanwaltschaft entschieden, das Strafverfahren wegen Rassendiskriminierung gegen die «Weltwoche» einzustellen. Die rechtskonservative Zeitschrift hatte Anfang April eine Titelgeschichte über kriminelle Roma veröffentlicht, worauf mehrere Strafanzeigen gegen die Verantwortlichen – Chefredaktor Roger Köppel sowie die Journalisten Philipp Gut und Karl Kälin – eingereicht worden sind.

Anlass für die Anzeigen war insbesondere das Titelblatt der entsprechenden Ausgabe: Es zeigte einen Romajungen, der eine Pistole in die Kamera hielt. Erst später stellte sich heraus, dass das Bild bereits 2008 im Westkosovo entstanden war und die Pistole ein Spielzeug war. Unter dem Bild stand der Haupttitel «Die Roma kommen: Raubzüge in die Schweiz» sowie der in kleinerer Schrift gehaltene Untertitel «Familienbetriebe des Verbrechens».

Jürg Boll, der zuständige Staatsanwalt und frühere FDP-Gemeinderat, hat die Einstellung des Verfahrens wie folgt begründet: «Die Anzeigeerstatter haben das Bild aus dem Zusammenhang gerissen. Wie der Beschuldigte [Roger Köppel, Anm. d. Red.] zu Recht geltend macht, hat er schon auf dem Titelblatt durch die Formulierung ‹Familienbetriebe des Verbrechens› zum Ausdruck gebracht, dass er auf eine bestimmte kriminelle Gruppe fokussiert.» 

Diese Begründung offenbart in zweifacher Hinsicht eine eigenwillige juristische Interpretation. Erstens gehören für die Staatsanwaltschaft das Titelbild und die dazugehörige Geschichte weiter hinten im Blatt offenbar untrennbar zusammen. Zweitens misst sie dem viel kleineren Untertitel mehr Gewicht bei als dem Haupttitel «Die Roma kommen: Raubzüge in die Schweiz». Die «Weltwoche» liegt in der Deutschschweiz flächendeckend an den Kiosken auf, wo das Titelblatt für alle gut sichtbar ist. Aber nicht jedeR kauft die Zeitschrift auch oder wirft einen genaueren Blick auf den Untertitel. Was haften bleibt, sind Bild und Haupttitel.

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Innert zehn Tagen können unmittelbar Betroffene Beschwerde beim Zürcher Obergericht einreichen. Die bisherigen Kosten übernimmt die Staatskasse.
Jan Jirát

Nachtrag zum Artikel «Das Leben des 
Jungen Mentor» in WOZ Nr. 16/12 .