Diesseits von Gut und Böse: Der Franz, der kanns
Papst sein ist auch nicht mehr, was es mal war. Früher musste der Nachfolger Petri hauptberuflich Enzykliken verfassen, Konzile leiten, auf dem Heiligen Stuhl sitzen, unfehlbar sein, sich in Verhütungsfragen einmischen, beten, heiligsprechen und sich nicht vergiften lassen. Doch auch vor diesem Jobprofil hat die Medialisierung nicht haltgemacht.
Dank Castingshows wissen heute viele Kardinäle, wie mans im Konklave eine Runde weiter oder gar ins Finale schafft. Der Gewinner von 2005 galt dagegen eher als Zufallstreffer. Für die «Weltwoche» war er nur «ein 78-Jähriger mit schlohweissem Haar, verkniffenem Lächeln und steifem Körper», der heutzutage kaum über die Blind Auditions hinauskäme.
Drum frohlockte der «Tages-Anzeiger», dass nach dem «scheuen, entrückten Theologen» jetzt «ein Welt-Umarmer auf dem Papstthron» landete, und «Welt Online» sieht im Neuen gar den auferstandenen Hazy Osterwald: «Denn er hat etwas von einem swingenden Bandleader auf dem Papamobil, der die Bässe mit einem ausgestellten Bein zu dirigieren versteht und die Geigen mit einem Fingerschnipsen.» Ausserdem habe er «ein instinktives Gespür für Gesten, die automatisch verstanden werden».
Dass Franzens Gespür für die in Militärdiktaturen gebräuchlichen Gesten weniger ausgeprägt ist, sieht man ihm da doch gerne nach.