Kultour

Nr. 22 –

Buch

Bernsehen II

Man könnte es eine kleine Liebeserklärung an Bern nennen: das Buch «Bernsehen. Bilder & Texte» (2010) mit Texten von 25 AutorInnen und Bildern von Raoul Ris. Und die Liebe geht weiter mit «Bernsehen II». 18 MalerInnen haben sich im Rahmen dieses Projekts von der Stadt inspirieren lassen und ihre Sicht auf Bern gemalt. Diese Bilder wiederum dienten als Vorlage für die Texte von 43 AutorInnen. Künstlerische Beiträge gibt es unter anderen vom Schmidi Schmidhauser, dem Sänger von Chica Torpedo, vom Schriftsteller Christoph Simon oder der Autorin Christina Frosio.
Silvia Süess

Buchvernissage mit Lesung «Bernsehen II» in: 
Bern Café Wartsaal, So, 2. Juni 2013, 17.30 Uhr, Klänge von Colibri. Bilderausstellung: So, 2., bis So, 9. Juni 2013, in den Schaufenstern der Lorrainestrasse 4–27. www.bernsehen.ch

Sommerfest

Transidentitäten

Wie ist es, als Frau in einem männlichen Körper geboren zu werden? Und wie reagiert das Umfeld auf die Entscheidung, den Körper dem gefühlten Geschlecht anzupassen? Die Journalistin Tanja Polli und die Fotografin Ursula Markus porträtieren in ihrem Buch «Das Geschlecht der Seele» Transmenschen. Interviews und Porträts geben Einblick in die unterschiedlichen Biografien der Frauen und Männer. Ergänzt werden die Texte mit Schwarz-Weiss-Fotografien der Porträtierten.
Eine Lesung aus «Das Geschlecht der Seele» ist das Herzstück des Sommerfests zum Thema «Transidentitäten» in Luzern. Organisiert wird das kleine Festival vom Kulturmanagement Kulturkopf und von der alternativen Gayplattform Kopfkino. Auf die Lesung folgt ein Podiumsgespräch mit Autorin Polli, Fotografin Markus und dem klinischen Psychologen und Psychotherapeuten Udo Rauchfleisch, der als einer der wichtigsten Transgenderspezialisten der Schweiz gilt. Anschliessend wird gefeiert mit einem Konzert von Hugosomething. Nach einem Brunch am Sonntag gibt es einen filmischen Einblick in das Leben unterschiedlicher Transmenschen.
Silvia Süess

Sommerfest Transidentitäten in: Luzern 
Theater Pavillon und Treibhaus, Sa/So, 1./2. Juni 2013. 
www.kulturkopf.ch

Zürich tauscht

Seit einigen Jahren erblüht eine längst vergessen geglaubte soziale und kulturelle Praxis neu, die dem neoliberalen Denken und Handeln ein Schnippchen schlägt – Tauschen. Die Idee ist stets dieselbe: Man bietet etwas an, das man gerne macht und gut kann – das reicht vom Heckenschneiden über die Nackenmassage bis zum Computersupport –, und holt sich im Gegenzug Unterstützung dafür, wozu Lust und Können fehlen. Geld fliesst dabei nicht, die Währung ist Zeit. Und jede Tätigkeit ist gleich viel wert.
Das älteste Deutschschweizer Tauschnetz, Talent, ist zwanzig Jahre alt, mittlerweile sind allein in Zürich und Umgebung fünf Tauschnetze aktiv. Man organisiert sich über Tauschplattformen im Internet und trifft sich regelmässig persönlich – im Internetcafé Complino etwa oder bei Veranstaltungen verschiedenster Art. Wer neugierig geworden ist, hat Gelegenheit, im Gemeinschaftszentrum Wipkingen Tauschluft zu schnuppern: Unter dem Motto «Zürich tauscht» stellen sich die fünf Netze vor und geben an verschiedenen Märkten Einblick in ihre Tauschwelt. Dazu gehören selbstredend auch ein Flohmarkt und ein Rahmenprogramm für Kinder.
Franziska Meister

«Zürich tauscht» in: Zürich GZ Wipkingen, 
Sa, 1. Juni 2013, 14–19 Uhr. www.zuerichtauscht.ch

Nachtasyl

In der Schweiz wird wieder heftig über Verschärfungen in der Asylpolitik diskutiert, und bürgerliche PolitikerInnen haben per Dringlichkeitsrecht weitere Verschärfungen beschlossen. Die Zeit vor dem 9. Juni, wenn darüber abgestimmt wird, ob das Botschaftsasyl abgeschafft werden soll oder nicht, nutzen verschiedene St. Galler Kulturlokale und Genossenschaften für eine vertiefende Diskussion, wie eine fortschrittliche Asylpolitik aussehen könnte. Das Asylrecht soll schliesslich dazu dienen, Flüchtlingen Schutz zu gewähren, und nicht, sie abzuwehren. So liest WOZ-Redaktor Kaspar Surber aus seinem Buch «An Europas Grenze», und St. Galler Bands spielen zum Thema: düster und experimentell.
Fredi Bosshard

Nachtasyl – Konzerte, Filme, Gespräche in: St. Gallen Schwarzer Engel, Solihaus, Kugl, KinoK, Grabenhalle, Tankstell und Palace. Bis 2. Juni 2013. 
www.asyl.ch/ostschweiz

Film

Österreichische Filme

Die Österreicher. In Sachen Politik sollte die Schweiz dem Nachbarländle nicht zu viel abschauen. Doch in Sachen Filmemachen könnten die SchweizerInnen noch einiges lernen. Österreichische Filmschaffende erzählen aufwühlende Geschichten, die in einem Mikrokosmos spielen und doch von grossen Themen erzählen.
Das Kino Nische in Winterthur zeigt eine Auswahl. Den Auftakt macht «Revanche» (2008) von Götz Spielmann. Ein Zuhälter zieht sich nach einem missglückten Raubüberfall aufs Land zurück, wo er jedoch bald mit seiner Tat konfrontiert wird. Auch «Bennys Video» (1992), Michael Hanekes heftig diskutiertes Werk, ist zu sehen. «Michael» von Markus Schleinzer erzählt die grausige Geschichte eines ganz normalen Versicherungsangestellten, der in seinem Keller einen Jungen gefangen hält. Ulrich Seidls «Import Export» (2007) zeichnet radikal den Elendstransfer zwischen Österreich und der Ukraine nach, und der abstrakte Film «Böse Zellen» (2003) von Barbara Albert schliesslich ist eine Variation über die Angst vor dem Tod. Die allesamt starken Werke geben einen spannenden Einblick in das österreichische Filmschaffen – und vielleicht auch ein bisschen in die österreichische Seele.
Silvia Süess

«Das Austro-Kino» in: Winterthur Kino Nische, 
So, 2., bis So, 30. Juni 2013. www.kinonische.ch

Christoph Schlingensief

Er war Theatermann, Filmemacher und als Enfant terrible berüchtigt: Christoph Schlingensief. 2010 starb der deutsche Regisseur an Krebs, kurz vor seinem 50. Geburtstag.
Das Kino Kunstmuseum und das Kino in der Reitschule in Bern widmen dem wohl umstrittensten Vertreter des deutschsprachigen Kulturbetriebs der vergangenen Jahre eine Filmreihe. Schlingensiefs Karriere als «Provokateur vom Dienst» begann mit den Filmen «100 Jahre Adolf Hitler. Die letzte Stunde im Führerbunker» (1989) und «Das deutsche Kettensägenmassaker» (1990). In Letzterem zeichnete er die erste Stunde der deutschen Wiedervereinigung als «nationales Schlachtfest» nach. Das Werk wurde zum Kultfilm. In Bern sind nebst seinen Filmen auch filmische Dokumentationen verschiedener Theaterprojekte zu sehen. Ausserdem läuft mit «Knistern der Zeit. Christoph Schlingensief und sein Operndorf in Burkina Faso» von Sibylle Dahrendorf ein Dokumentarfilm über ihn.
Silvia Süess

Filme von und über Christoph Schlingensief in: Bern Kino Kunstmuseum und Kino in der Reitschule. www.kinokunstmuseum.ch und 
www.kino.reitschule.ch

Ausstellung

BildhauerInnen

AZB steht für Arbeitsgemeinschaft Zürcher Bildhauer. Der Verein wurde 1983 gegründet, vereint heute dreissig Mitglieder und die Gruppe Mickry 3, die ihre Ateliers zum grössten Teil auf dem Gaswerkareal in Schlieren haben. Nun gewähren Jürg Altherr, Bob Gramsma, John Grüninger, Isabelle Krieg und andere während neun Stunden Einblick in Ateliers und Werkplätze zwischen Bahnlinie und Limmat. Es lässt sich nachvollziehen, wie der Weg von der Skizze über das Modell bis zur fertigen Skulptur führt.
Die aufstrebende Stadt vor den Toren von Zürich wandelt sich seit einigen Jahren immer stärker vom Industriestandort zur Wohn- und Kulturstadt. Die BildhauerInnen auf dem Gaswerkareal tragen bereits seit dreissig Jahren zu diesem Imagewandel bei, behauen Steine, arbeiten mit Holz und Metall. Sie pflegen auf dem Areal ein äusserst kreatives und inspirierendes Biotop und machen immer wieder mit gemeinsamen Initiativen auf sich aufmerksam. Im Rahmen der offenen Ateliers verweisen sie aber auch auf Arbeiten, die auf dem ganzen Stadtgebiet zu finden sind, darunter solche von Piero Maspoli, Heinz Niederer, Anna-Maria Bauer und Ursula Hirsch.
Silvia Süess

«AZB for ever» in: Schlieren Gaswerkareal. 
Sa, 1. Juni 2013, 14–23 Uhr, offene Ateliers und Vernissagen; Einführung: Toni Brühlmann, Stadtpräsident, 15 Uhr. AZB-Fest im Gasthaus zur Sonne.