Kultour

Nr. 44 –

Literatur

Laure Wyss

Am 20. Juni 2013 wäre Laure Wyss, die Grande Dame des Schweizer Journalismus, hundert Jahre alt geworden. Zum Jubiläum hat Barbara Kopp die Biografie «Laure Wyss. Leidenschaften einer Unangepassten» verfasst, aus der die WOZ im Juni einen Vorabdruck brachte (vgl. Nr. 24/2013 ). Im Rahmen der Reihe «Literatur am Donnerstag» im Bodmanhaus Gottlieben unterhält sich Barbara Kopp nun mit WOZ-Redaktor Stefan Keller.

«Literatur am Donnerstag» in: Gottlieben Bodmanhaus, Do, 7. November 2013, 20 Uhr.

Armin Büttner

Festival

Kurzfilmtage Winterthur

Kurz müssen sie sein: sowohl die Zehennägel als auch das Gras. Beides wird im Trailer der diesjährigen Kurzfilmtage kurz geschnitten. So wie die Filme, die an den 17. Kurzfilmtagen Winterthur zu sehen sind. Diese finden heuer zum ersten Mal unter der künstlerischen Leitung von John Canciani statt.

Neben dem Schweizer und dem internationalen Wettbewerb, der einen vielfältigen Einblick in das weltweite Kurzfilmschaffen gibt, gilt der Fokus des Festivals dem «Independent Cinema USA». Die Filmblöcke tragen Titel wie «Stuck in Suburbia», «In the Middle of Nowhere» oder «Sympathy for the Anti Hero» und lassen erahnen, dass hier ein anderes Amerika zu sehen sein wird als in den Langfilmen, die es in die hiesigen Kinos schaffen. Armut, Arbeitslosigkeit, Eltern, deren Kinder in den Krieg ziehen, oder Menschen, die keine Krankenversicherung haben, stehen im Zentrum dieser Filme. Weitere Schwerpunkte des Festivals sind Kuba, «Rituale» sowie «Strange Days». Das Filmprogramm wird ergänzt durch Brancheninformationen, Gespräche mit FilmemacherInnen sowie Podiumsdiskussionen.

17. Kurzfilmtage Winterthur in: Winterthur verschiedene Orte. Festivalzentrum im Casinotheater. Di–So, 5.–10. November 2013. 
www.kurzfilmtage.ch

Silvia Süess

Von Belgrad bis Burgernziel

Der Jugoslawe Dragan Wende kommt Ende der siebziger Jahre nach Berlin und lebt in der Glitzerwelt des Ku’damms. Er arbeitet in legendären Nachtclubs, wo der Champagner in Strömen fliesst. Sein jugoslawischer Pass gewährt ihm freie Fahrt nach Ostberlin, was er für zwielichtige Geschäfte nutzt. Mit dem Fall der Mauer 1989 ist Schluss damit – mit Dragans Leben geht es bergab. Der tragikomische Dokumentarfilm «Dragan Wende. West-Berlin» von Dragan von Petrovic und Lena Müller ist ein Stück Zeitgeschichte: Einerseits blickt der Film zurück in die goldenen achtziger Jahre in Berlin, andererseits erzählt er vom (gescheiterten) Leben des Exjugoslawen in Berlin heute.

Exjugoslawien ist das Thema des Festivals «Belgrad–Zagreb–Sarajevo–Bern–Burgernziel», das in Bern stattfindet. Im Literaturlokal Buchowski werden die Filme «Dragan Wende. West-Berlin» (2013) und «Valter» (2012) gezeigt, ausserdem gibt es Lesungen, Diskussionen mit ÜbersetzerInnen und ein Gespräch mit dem Fotografen Michael Züger über sein Fotoprojekt «Yugoslavian Standard». Der Höhepunkt des dreitägigen Festivals sind jedoch die literarischen Tramfahrten mit dem Büchertram Buchowski, das 1947 gebaut wurde. Mit dabei auf der Fahrt ist unter anderen die in Belgrad geborene Autorin Barbi Markovic, deren Erstling «Ausgehen» für Aufsehen sorgte. Die Tramfahrten stehen jeweils unter einem bestimmten Thema: «Eigenschaften des Belgrader Reservats», «Bibliothek Sarajevo» und «Coffee & Cigarettes in Zagreb». Nebst Lesungen der AutorInnen sind auch spannende Diskussionen zu erwarten.

«Belgrad–Zagreb–Sarajevo–Bern–Burgernziel» in: Bern Büchertram Buchowski und Literaturlokal Buchowski (Tramdepot Burgernziel). 
Fr–So, 1.–3. November 2013. www.punto.buchowski.ch

Silvia Süess

Film

Revoltieren mit Camus

Albert Camus (1913–1960) war eine Ikone des 20. Jahrhunderts. Wird er eine fürs 21. Jahrhundert bleiben? Den Menschen in der Revolte brauchen wir mehr denn je und die unbestechliche Reinheit des politischen Engagements vermutlich auch. Der Frage nach seiner Aktualität wird anlässlich seines 100. Geburtstags am 7. November im Zürcher Literaturhaus nachgegangen. Den Auftakt macht die Vorführung des soeben ausgestrahlten Arte-Films «Albert Camus. Lektüre fürs Leben», danach diskutieren der Kulturwissenschaftler Johannes Binotto und die Philosophin Ursula Pia Jauch.

Filmautor Joël Calmettes hat zahlreiche Menschen dazu befragt, welche Wirkung Camus auf sie ausgeübt habe, vom algerischen Patissierlehrling über Patti Smith bis zum japanischen Literaturprofessor. Jauch und Binotto werfen danach Thesen auf und diskutieren Gedankensplitter in einer «offenen, freischweifenden Form». Auf dass wir gemeinsam die Möglichkeiten und Grenzen des Revoltierens entdecken können.

«Café Camus» in: Zürich Literaturhaus, 
Mo, 4. November 2013, Film: 18–19 Uhr, 
Diskussion: 19.30 Uhr.

Stefan Howald

Valzeina – «Life in Paradise»

Seit 2007 betreibt der Kanton Graubünden im 140-Seelen-Dorf Valzeina im Prättigau ein Asylausreisezentrum. Ganz oben am Hang leben dort abgewiesene AsylbewerberInnen in einem Vakuum zwischen verweigerter Aufnahme und drohender Ausschaffung im alten Ferienheim Flüeli. Die WOZ hat in den letzten Jahren immer wieder über Valzeina berichtet, über die Solidaritätsbewegung im Dorf und die Skrupellosigkeit der Bündner Behörden.

Nun hat der Filmemacher Roman Vital aus Arosa einen Dokumentarfilm über Valzeina und sein Flüchtlingsheim gedreht. «Life in Paradise» heisst er und stellt tatsächlich paradiesisch anmutende Landschaftsbilder eindringlichen Gesprächen mit Einheimischen, Behörden und Asylsuchenden gegenüber. Vital zeigt die Wut, die Trauer und die Ratlosigkeit in der Solidaritätsgruppe Miteinander Valzeina, als eine Flüchtlingsfamilie ohne Vorankündigung im «Flüeli» abgeholt und in ein Ausschaffungsgefängnis gesteckt wird. Er redet mit den DorfbewohnerInnen über die praktischen Auswirkungen der Asylpolitik vor der eigenen Haustür, schaut dem Zentrumsleiter über die Schulter, wenn er einem «Flüeli»-Bewohner die Hausregeln darlegt, und hört den Asylsuchenden zu, wenn sie den Staat analysieren, der nicht ihr Gastland sein will. Auffällig dabei: Mit den Einheimischen redet Vital direkt, die Fremden beobachtet er beim Miteinander-Sprechen.

«Life in Paradise» in: Zürich Kino Xenix, 
So, 10., 17., 24. November 2013, 12 Uhr; 
Davos Kino Arkaden, So, 1. Dezember 2013, 18 Uhr, 
Mi, 4. Dezember 2013, 20.30 Uhr; Liestal Kino Sputnik, So, 8. Dezember 2013, 11 Uhr.

Dominik Gross

Vortrag

«Europa erfindet die Zigeuner»

Es ist auch in der Schweiz noch nicht so lange her, dass wir die Volksweise vom «lustigen Zigeunerleben» sangen und zugleich die Wäsche in die Sicherheit des Hauses gebracht wurde, wenn die scherenschleifenden «Zigeuner» im Dorf eintrafen. «Eine Geschichte von Faszination und Verachtung» hat Literaturwissenschaftler Klaus-Michael Bogdal sein Buch «Europa erfindet die Zigeuner» im Untertitel sehr einprägsam genannt. Darin geht er den Konstruktionen nach, durch die die Roma einerseits als vital und freischweifend, andererseits als delinquent und bedrohlich typisiert wurden. Das ist umso aktueller, als in den letzten Jahren die Diskriminierung der Roma vor allem in Osteuropa, aber auch etwa in Frankreich, massiv zugenommen hat. Mit Bogdal spricht der Historiker Thomas Meier von der Universität Zürich. Die Veranstaltung im Zürcher Literaturhaus findet in Kooperation mit der Paulus-Akademie Zürich statt.

«Europa erfindet die Zigeuner» in: Zürich Literaturhaus, Mi, 6. November 2013, 19.30 Uhr.

Stefan Howald

Ausstellung

Greenaway und Totentanz

«Zwei Dinge halten uns am Leben: Eros und Thanatos – Sex und Tod. Sie sind nicht verhandelbar, wir entkommen ihnen nicht. Der allererste Anfang und das allerletzte Ende.» Dies schreibt der britische Filmemacher Peter Greenaway. Berühmt wurde er mit aufwendig gestalteten Filmen, die zwischen Verzauberung und Grauen pendeln und in denen er völlig neue Welten kreiert.

Nun kommt der Filmemacher nach Basel, wo er den Totentanz, wie er über Jahrhunderte auf der Innenseite der Friedhofsmauer bei der Predigerkirche zu bewundern gewesen war, als Videoinstallation neu inszeniert. 1805 wurde das Wandgemälde zerstört. Auf achtzehn Grabdenkmälern lässt Greenaway den «Tod zu Basel» wieder auferstehen, indem er sie mit Kurzfilmen bespielt. Ausgangspunkt seiner Interpretation sind Hans Holbeins Holzschnitte aus dem Jahr 1538 – die darin gezeigten Szenen erweckt er filmisch zum Leben. Seine Installation, die während des ganzen Novembers in Basel zu sehen ist, wird von einem vielfältigen Rahmenprogramm rund um Tod und Totentanz begleitet.

«Der Tanz mit dem Tod. Ein Basler Totentanz» in: Basel Predigerkirche, Fr, 1., bis Sa, 30. November 2013. Vernissage: Do, 31. Oktober, 2013 18 Uhr. 
www.baslertotentanz.ch

Silvia Süess