Diesseits von Gut und Böse: Hochwertige Materialisierung

Nr. 19 –

Eine Zeit lang habe ich gemeint, Gentrifizierung habe was mit Altern zu tun, weil ich die Wortstämme durcheinanderbrachte. Das wäre aber Gerifizierung, und die hat zum Glück noch niemand erfunden.

In Zürich heisst die Gentrifizierung «Seefeldisierung», weil ihr schon das halbe Seefeldquartier zum Opfer gefallen ist. Das klingt zwar netter, ist es aber nicht: Alte, preiswerte Häuser werden abgerissen und machen Platz für Luxusbauten. Das Business wurde bis anhin von der Ledermann Immobilien AG beherrscht, die aber im März fast die Hälfte ihrer sechzig Liegenschaften an die Swiss Life («führender Spezialist von umfassenden Vorsorge- und Finanzlösungen») verkaufte.

Im historischen Bau des früheren Kinos Razzia wird Mitte Mai ein Restaurant eröffnet. Daneben, wo einst die Villa Mainau ihren alternativen Lebensabend fristete, erhebt sich jetzt «Mainau 34 – trendy, chic und stylish». Kürzlich durfte die Quartierbevölkerung bei einem Apéro das «urbane Zuhause im Seefeld» anstaunen: 3½ Zimmer im 5. Stock auf 119 m2 mit Terrasse für 6650 Franken Monatsmiete, inklusive Nebenkosten.

Nein, ich rechne Ihnen jetzt nicht vor, dass für die 22 Kampfjets, über die Sie am 18. Mai befinden sollen, 12 531 Kleinfamilien zehn Jahre lang so ein urbanes Zuhause mieten könnten: Ich finde beides komplett überflüssig.