Diesseits von Gut und Böse: Die Einsamkeit der Städte

Nr. 23 –

Empört zeigte mir kürzlich Kollegin S. einen Zeitungsartikel: Laut diversen Medien hat eine Umfrage des Schweizerischen Städteverbands ergeben, dass in Kleinstädten wie Uzwil SG oder Oberwil BL fast die Hälfte der BewohnerInnen verheiratet sei, während in grösseren Städten wie Bern, Zürich und Lausanne viel mehr Singles lebten – was für sich allein ja noch keinen Anlass zur Empörung böte.

Geärgert hat S. nur die Begründung: «Alleinstehende junge Erwachsene ziehen häufig in die Stadt, um zu studieren oder erste Berufserfahrungen zu sammeln. Nachdem sie eine Familie gegründet haben, verlassen sie die Städte wieder.» Und ziehen erst wieder dorthin zurück, wenn sie geschieden sind, weil sie, laut dem Soziologen François Höpflinger, «die Anonymität suchen». In der Umfrage existieren somit nur die Lebenskonzepte «Unverheiratet/geschieden=Single=Grossstadt» oder «Familie gründen=heiraten=Kleinstadt».

«So was wie mich gibts offenbar gar nicht!», sagt S. Sie lebt in Bern, ist nicht verheiratet, bildet mit ihrem Lebensgefährten und den gemeinsamen Kindern das, was üblicherweise als Familie gilt, und kennt noch jede Menge andere, die genauso leben.

Zum Glück plant Simonetta Sommaruga ja jetzt ein neues Familienrecht – mit Polygamie und Inzest, wird gemunkelt! Sie wird einen langen Atem brauchen.