Diesseits von Gut und Böse: Objekt der Begierde
Wieder eine Frau, jung, schön, intelligent. Diesmal keine Miss. Mit Betreten der Schweizer Politbühne hat die Studentin Flavia Kleiner einen medialen Overkill ausgelöst, der alle anderen, die sich ebenso erfolgreich gegen die Entrechtungsinitiative gewehrt hatten, wegfegte. Titelgeschichten, Porträts, Kommentare und Talkshows – man könnte meinen, die Kopräsidentin der Operation Libero hätte den Kampf allein gewonnen.
Die Kombination weiblich, attraktiv und wortgewandt bringt die Gemüter und Medien in Wallung. Als «Frau der Stunde» (Tele Züri), «SVP-Schreck» («20 Minuten») und «Albtraum der SVP» («Tagi») wurde Kleiner bezeichnet, aber auch als «die Überbewertete» («Schweiz am Sonntag») und «neoliberale Gebetsmühle» («Watson»). Bei ihrem «Arena»-Auftritt warfen ihr die einen auf Twitter auswendig gelernte Sprachhülsen und Naivität vor, die andern freuten sich über eine Frau, die sich auch vor der sklerotischen Politszene nicht ängstigt. In einer Welt, in der das manipulierte Bild die Realität verdrängt, wird eine solche Erscheinung automatisch zum Postergirl und zur Projektionsfläche sämtlicher Fantasien.
Falls Kleiner jemals die Idee hatte, Miss Schweiz zu werden – schön genug wäre sie ja –, tat sie es zum Glück nur im Geheimen. Wirklich ernst genommen zu werden, könnte sie sich dann nämlich abschminken.