Diesseits von Gut und Böse: Pluralis Majestatis helveticus
Unter dem Titel «Die Schweizer sind super langweilig, und so sauber ist es hier auch nicht» thematisierte kürzlich die «NZZ am Sonntag», weshalb sich viele Expats – hoch qualifizierte Zugezogene aus dem Ausland – in der Schweiz nicht so wohlfühlten: zu lange Arbeitszeiten, mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie, ungenügendes Angebot an Kinderbetreuung und eine eher verschlossene bis abweisende Bevölkerung.
Durch «dieses Schweiz-Bashing» fühlte eine Leserin nicht nur sich, sondern auch die Schweizerseele als solche gänzlich unverstanden. Sie beschloss, «gewissen Leuten» mit einem Leserinnenbrief heimzuleuchten, und umriss darin den schweizerischen Volkscharakter: «Wir sind eine Bergnation und werden immer eine bleiben. Wir sind eher wortkarg, bescheiden und arbeitsam, dafür gradlinig. Wenn wir etwas sagen, dann meinen wir es. Wir sprechen Dialekt und vier Landessprachen, das ist die Schweiz! Wir sind durchaus freundlich, nett und liebenswürdig, aber wir machen keine Show daraus. Wir hassen Blender und sind daher eher vorsichtig. Wenn man aber unser Herz erobert hat, sind wir lustig, offen, liebevoll, herzlich und loyal!»
Da bin ich einfach nur froh und dankbar, dass es mir in den vielen Jahren, die ich schon hier lebe, gelungen ist, ein paar dieser vorsichtigen Herzen zu erobern. Doch um wirklich dazuzugehören, werde ich nie wortkarg genug sein.