Was weiter geschah: Ein «einmaliges Ereignis»?
Vor neun Monaten hatte sich Holocaustleugner Bernhard Schaub den Strafbefehl wegen Volksverhetzung an einen Briefkasten in Kreuzlingen zustellen lassen. Am Freitag vergangener Woche erklärte Schaubs Anwalt Martin Kohlmann dem Vorsitzenden des Amtsgerichts Dresden, Schaub wohne in Deutschland, in der Region um Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern. Schaub selber war «vom Erscheinen entbunden» worden. Der Verteidiger, Exponent der ausländerfeindlichen Bewegung Pro Chemnitz, erledigte seine Aufgabe aber schnodderig. Dem Gericht wollte er weismachen, AHV-Bezüger Schaub lebe von «Sozialhilfe oder vielleicht Hartz IV».
Nichts zu rütteln gab es am Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Schaub hatte Mitte Februar 2017 in Dresden bei einer Kundgebung die Zerstörung Dresdens als Zeichen des jüdischen Willens zur Weltherrschaft erklärt und auch unterstellt, dass Bilder des Holocaust manipuliert, verzerrt oder gefälscht seien – im Gegensatz zu den Bildern der Bombardierung von Dresden. Am Ende rief er die Deutschen zum «Aufstand gegen die herrschenden Cliquen» auf, nachdem er von der «Rothschild-» und der «Marx-Clique» gesprochen hatte.
Vor dem Amtsgericht hatte die Staatsanwältin wegen Volksverhetzung eine Strafe von 120 Tagessätzen à zehn Euro verlangt, Schaubs Verteidiger Freispruch. Nach kurzer Verhandlungspause reduzierte der Vorsitzende die Strafe auf 90 Tagessätze à zehn Euro. Die Strafreduktion begründete der Richter wenig überzeugend: Schaubs Auftritt sei ein «einmaliges Ereignis» gewesen. Das Gegenteil trifft zu: Seit Februar 2017 ist Schaub mehrmals aufgetreten, so im Mai 2018 bei einer Kundgebung für die inhaftierte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck und im Januar 2019 in Berlin, wo er von der «Rothschild-Soros-Clinton-Macron-Merkel-Bande» sprach.
Nach der Verhandlung kündigte Verteidiger Kohlmann an, das Urteil anzufechten.
Nachtrag zum Artikel «Rechtsextremismus: Aber bitte nicht an die Medien» in WOZ Nr. 27/2018 .