Diesseits von Gut und Böse: Harte Zeiten, teure Zeiten

Nr. 44 –

Gerade glaubte man, die Wahlen endlich hinter sich zu haben, da zog SRF allen Ernstes noch einen Dokfilm aus der Tasche – über den Wahlkampf! «Hinter den Kulissen der Demokratie» sei lustig, hiess es, also sah ich ihn mir an.

Vor allem eins ist mir jetzt klar: Die Allerärmsten sind die KampagnenleiterInnen. Allen voran der tapfere Mann von der FDP, der, angetreten mit dem Ziel, die SP zu überholen, angesichts fortschreitend negativer Wahlprognosen immer entsetzter seinen Bildschirm fixierte und nach der Überprüfung, ob die Wahlkampfkasse «neben Staubkrümelchen noch Geld» enthalte, in einem Akt der Verzweiflung für wohl deutlich über 100 000 Franken die Titelseite von «20 Minuten» kaufte.

Am schönsten wars im Thurgau, wo ein lokaler Unternehmer die Wahlkampagne leitete, mit der seine Tochter ihren SVP-Nationalratssitz verteidigte. Besonders hübsch ein Dialog zwischen Vater und Tochter, nachdem diese mit der SP-Ständeratskandidatin ein Hearing an der Kantonsschule Kreuzlingen bestritten hatte.

Tochter (müde): «Die andere hat viel weniger reden müssen.» Vater: «Hat sie nichts gewusst?» Tochter: «Nein, fast alle Fragen gingen an mich.» Vater (stolz): «Das ist, weil du aus dem Betrieb kommst und weisst, wie hart es in unserer Industrie zu- und hergeht.» Tochter: «Nein, nein, es ging nur ums Klima – Klima, Klima, Klima und Homosexuelle.» Vater (leicht fassungslos): «So en Seich! Ist das das grösste Problem, das wir haben in der Schweiz? Unglaublich!» Tochter (müde ab). – Sie wurde wiedergewählt.