Diesseits von Gut und Böse: Frohe Festtage!

Nr. 51 –

Die Freiheit des mündigen Menschen sollte doch so weit reichen, dass er und sie zumindest an Weihnachten das tun können, was und wie sie es wollen. Ha, sagen Sie jetzt vielleicht, aber nicht mit Kindern und Verwandtschaft! Erster Feiertag hier, zweiter Feiertag da, will man das nicht, ist irgendjemand beleidigt, und an die Abmachung, nichts zu schenken, hält sich auch niemand.

Umso rätselhafter ist mir, wie jemand, der sich schon für eine eigene Festtagsvariante entschlossen hat, noch mal die Stilberaterin der Beilage zur «NZZ am Sonntag» dazu befragen muss. Das kann nicht gut gehen.

«Ist es okay, nicht Weihnachten feiern zu wollen, um die zwanghafte Organisation von Familie und Geschenken zu vermeiden?», fragte ein Leser. Doch statt beherzt «Aber sicher!» zu antworten – wie ich es erwartet hätte –, beschrieb die Stilsichere hymnisch ihren jährlichen Rummel: Menü für zehn Personen, geputztes Silber, Monsterbaum, Geschenke – gekrönt vom Hinweis, dass ihr Vater, der nach der letzten Weihnacht gestorben sei, so noch einmal Freude erlebt habe.

Ich weiss nicht, was der Fragende mit der Antwort anfing; mir scheint die Vorstellung wenig erquicklich, mich nach den Wünschen anderer richten zu müssen, weil sie eventuell sterben könnten. Ganz davon abgesehen, wird sich die Stilexpertin einer Beilage, deren Inhalt sich hauptsächlich an Luxusgütern abarbeitet, hüten, Konsumbeschränkung zu empfehlen.

Ihnen wünsche ich jedenfalls, dass Sie die kommenden Tage so verbringen können, wie es Ihnen persönlich gefällt.