Diesseits von Gut und Böse: Matratzen-Atze und Schoggi-Joe

Nr. 6 –

Mit das Schönste am Kapitalismus ist ja diese unendliche Freiheit. Freihandel, Gewerbefreiheit, Vertragsfreiheit – der freie Markt, unser weiser Leader, sorgt dafür, dass alles von überall her und von uns in die weite Welt unterwegs ist. Für Waren gilt die Reisefreiheit, Grenzen sind für Menschen da.

Dank Konsumfreiheit kaufen wir, was und bei wem wir wollen. Einigen ist jetzt der Appetit auf Schoggi aus der Confiserie Läderach vergangen, seit sie ums gesellschaftliche Engagement von deren Chef und Eigentümer wissen: Als Mitglied des Vereins «Marsch fürs Läbe» kämpft Johannes Läderach gegen Abtreibungen, gleichgeschlechtliche Partnerschaften und allerlei anderes, weshalb sich nun die Swiss aus dem Geschäft zurückgezogen hat.

Den Vorwurf, einen braven Mann für seine private Haltung zu diskriminieren, handelte sich die Grosskundin so vor allem in jenen Kreisen ein, die sonst grössten Wert darauf legen, dass ein Bäcker frei sei, für schwule oder lesbische Paare keine Hochzeitstorte zu backen. So schillert Vertragsfreiheit.

Ein ähnliches Schicksal traf nun Peter Patrik Roth, den CEO der alteingesessenen Matratzenfirma Roviva. Wegen dessen Kontakten zur Nazikampfsportszene beendete die Asylorganisation Zürich, die alle Matratzen für geflüchtete Menschen ausgerechnet dort bezogen hatte, die Geschäftsbeziehung.

Feinsinnige diskutieren nun auf Twitter die Grenzen der Vertragsfreiheit, die sie bei einem gläubigen Abtreibungsgegner noch nicht so ganz, aber bei jemandem mit rechtsradikalen Gedanken vielleicht aber doch schon erreicht sehen möchten. Ganz Verwirrte ziehen Parallelen zu den Boykotten jüdischer Geschäfte in Nazideutschland.

Ganz abgesehen von diesen beiden, kann man ja noch froh sein, wenn man die Weltanschauung der meisten UnternehmerInnen nicht allzu genau kennt – wer weiss, auf was man sonst auch noch alles verzichten müsste. Die Bruchschokolade vom Schoggi-Joe war nämlich mein Lieblingsmitbringsel.