Diesseits von Gut und Böse: Coole Klamotten

Nr. 37 –

«Jeans sind die edelsten Hosen der Welt. Ich meine, Jeans sind eine Einstellung und keine Hosen», legte Ulrich Plenzdorf dem Protagonisten der «Neuen Leiden des jungen W.» in den Mund, 1973 in der DDR eine Provokation. Doch auch im verderbten Westen trugen Maturanden bis 1968 keine Jeans, von Maturandinnen ganz zu schweigen.

Quer durch die Geschichte kennzeichneten Kleiderordnungen den gesellschaftlichen Rang, Verstösse wurden bestraft. Heute gelten Dresscodes noch in bestimmten Berufsfeldern und Funktionen oder dienen der selbstgewählten Abgrenzung.

Ein solches Berufsfeld ist der Finanzsektor, in dem man gerade Lockerungen ankündigt. «Jetzt kommen die krawattenlosen Duz-Banker: Hoi, wotsch e Hypothek?», hiess es im «Tages-Anzeiger», und auf dem Lifestyleportal der NZZ wurde «das revolutionäre Gebaren» bestaunt: «Banker sagen Ihnen jetzt Du, und das ohne Krawatte.» Damit angefangen hat die Credit Suisse (CS), weil sie «jung und hip rüberkommen» will, weiss der «Blick», aber auch bei der UBS will man künftig auf Krawatten und Foulards verzichten. Die Änderungen stossen nicht überall auf Begeisterung.

Ich habe mit Dresscodes wenig am Hut und bin auch nicht beleidigt, wenn mich jemand Fremdes duzt. Von daher wären mir die Änderungen egal. Aber ich finde es interessant, wie sehr ein dunkler Anzug mit Krawatte und schwarzen Socken – und dessen weibliche Entsprechung – weitherum tiefe Gefühle des Vertrauens weckt.

Dabei sind doch, soweit ich weiss, für die ungeheuerlichsten Delikte und Entgleisungen im Bankengewerbe ausschliesslich Menschen im klassischen Outfit verantwortlich. Dass eine CS-Sprecherin im «Blick» sagte: «Die ‹Du-Kultur› ist Teil unseres neuen Geschäftsstellenkonzepts», stimmt mich da übrigens auch nicht optimistischer.