Diesseits von Gut und Böse : Wir sind die Guten!

Nr.  7 –

Zurzeit scheinen sich breite Kreise wieder ganz besonders demokratisch zu fühlen, wenn sie über die Bundesverfassung etwas verbieten können, was es hier eigentlich gar nicht gibt. Einfach als Zeichen: Wir sind dagegen!

Nun bin ich ja auch gegen vieles. Manches ist nur in fernen Ländern Usus, wie zum Beispiel einen kritischen Journalisten in kleine Stücke zu hacken, wenn er in der Botschaft seine Hochzeitspapiere abholt. Anderes gehört fest zu den hiesigen Gebräuchen: zum Beispiel mit Ländern, die kritische JournalistInnen verhackstücken oder sonst die Menschenrechte verletzen, innige Beziehungen pflegen: Da gehts um unsere Arbeitsplätze!

Nun hätten wir viel zu tun, alles, was woanders schiefläuft, hier zu verbieten. Nehmen wir nur mal Dubai, Teil der Vereinigten Arabischen Emirate. Dort sind homosexuelle Beziehungen, uneheliche Kinder, öffentliches Tanzen und Fluchen verboten, und der herrschende Emir liess eine seiner Töchter foltern und wegsperren, weil sie ins Ausland fliehen wollte. Da geböte es doch zumindest der Anstand, so ein Land zu meiden.

Doch wie der deutsche Satiriker Jan Böhmermann kürzlich belegte, wandern deutsche InfluencerInnen massenhaft nach Dubai aus, weil sie dort keine Steuern zahlen müssen. Es sei so «beautiful», beteuern sie schlauchbootlippig, nachdem sie eine «Influencerlizenz« unterzeichnet haben, die ihnen kritische Äusserungen übers Land verbietet.

Für die angemessene Berichterstattung hierzulande sorgte gerade wieder Berater Thomas Sevcik in der «NZZ am Sonntag», aber dessen Job ist es ja auch, «Firmen und Städten ein neues Image auf den Leib» zu schreiben. Der stärkste Botschafter für Dubai dürfte aber unser bälledreschender Lieblingsschweizer sein, der jeden Winter im bezaubernden Emirat verbringt. Niemals entwiche ihm oder der «Schweizer Illustrierten» ein böses Wort über den Emir. Auch ohne Influencerlizenz.