WOZ News

Nr. 7 –

Abgestandene

Adjektive sind dann am besten, wenn sie das begleitete Hauptwort unmissverständlich charakterisieren; das gilt gerade auch für feste Wendungen, die die Gefahr des Klischierens bergen. Wenig Chancen, zum Klischee zu werden, hat der «schale Beigeschmack»; immer häufiger kommt er in den Medien als «fahler Beigeschmack» daher. Das haben wir hier auch schon aufgegriffen. Und nun dies in der letzten WOZ: «fahler Beigeschmack»! Asche auf unser Haupt, denn so sind wenigstens wir aschfahl.

Anziehende

«Ich wäre diesbezüglich für die Wiedereinführung der protestantischen Kleiderordnung vor der Reformation», meinte eine Kolumnistin im «Bieler Tagblatt», bezogen auf wild gemusterte Kinderkleider. Das Problem: Vor der Reformation waren die ProtestantInnen noch gar nicht geboren. Im besten Fall lagen damals vorausschauend bereitgestellte Babykleider parat.

Autophage

«Das sind Menschen, die an ihrer Existenz nagen», liess sich ein Zivilschützer bezüglich Pandemieopfern in der «Limmatwelle», dem amtlichen Organ Wettingens und vier weiterer Gemeinden, zitieren. Inhaltlich möchten wir das nicht infrage stellen, es uns bildlich aber lieber nicht vorstellen.

Stichhaltige

«Ken Schmitt (29) war 18, als er seine heroinabhängige Mutter erstochen auffand. Nach der Tat fühlte er sich im Stich gelassen.» So stand es auf 20min.ch. Leider kommt das sprachlich so daher, als sei es in allerletzter Minute geschrieben worden. Sonst wäre bestimmt noch Zeit geblieben, nach einer alternativen Formulierung zu suchen.

Observierende

Atemlos werden auch die unvermeidlichen Ticker vollgeschrieben. «Dieses Bild empfängt uns heute Morgen aus Cortina», tickerte SRF online. Wir sind empört und verlangen, dass uns das Bild gleich wieder löscht. Sonst werden wir künftig keinem Ticker mehr folgen.

Geometrische

«Im Kampf um Gold wird sich wohl ein Trio duellieren», mutmasste man derweil auf tages-anzeiger.ch. Dieses Bild hinwiederum möchten wir zu gerne sehen, es muss ja nicht unbedingt in der Sportart Biathlon sein.

Zweifellose

Nicht gut kam Altbundesrat Moritz Leuenberger in einem Kommentar des «Tages-Anzeigers» weg. Dass dabei mal ein Verb unter die Räder gerät, kann passieren: «Und doch liess er sich hinreissen, Zweifel an Burkhalters unmissverständlicher Aussage zu sähen.» Damit aber nicht genug; der Furor war so gross, dass es wenige Zeilen weiter hiess: «Und doch: Zweifel an der aktuellen Politik der Nachfolgerinnen und Nachfolger zu sähen, ohne Not und noch dazu bei einem so sensiblen Thema, ist schlechter als schlechter Stil.» Kein Wunder, fällt unsere Stilnote auch nicht besser aus.

Orthodoxe

In der «Republik» begegnete uns das hübsche (in der Zwischenzeit korrigierte) Wort «Gebetssturm»; gemeint war das Minarett. Schön zu Hause bleiben, wenn draussen ein Gebetssturm droht. Sonst werden wir Ungläubigen schnell von der Strasse geweht.

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