Diesseits von Gut und Böse: Gefiedert, gefährdet, bedroht, tot
Es ist doch eine erfrischende Abwechslung, sich mal wieder aus anderen Gründen über die Regierung aufzuregen als immer nur wegen ihrer ungeschickten Art, die Pandemie zu organisieren. In der Zeitschrift «Saldo» fand sich nämlich kürzlich eine empörende Nachricht: Zwar zahlt der Bund im Jahr rund 200 000 Franken an Förderprojekte für bedrohte Vogelarten, gleichzeitig dürfen Schweizer JägerInnen ganz legal gefährdete Vögel schiessen. Doch wie alles andere in der Schweiz ist auch die Gefahr, die den Vögeln aus der Schrotflinte droht, von Kanton zu Kanton verschieden.
Von den 26 042 Vögeln, die laut Statistik im Jahr 2019 dran glauben mussten, gehörten 2176 zu bedrohten und 630 zu potenziell bedrohten Arten. Am häufigsten traf es mit 1819 getöteten Individuen die Waldschnepfe, obwohl es über sie heisst: «Die Waldschnepfe lebt zurückgezogen und ist nachtaktiv. Deshalb sieht man sie kaum.» Offenbar entdecken sie die gefrässigen JägerInnen trotzdem, denn «sie gelten in Jägerkreisen als Delikatesse».
Böse traf es auch gefährdete Entenarten wie Reiher-, Tafel- und Schnatterenten. Im Gegensatz zur Schnatterente gilt die Tafelente als schweigsam. Wie ihr Name verrät, endete sie früher häufig auf reich gedeckten Tischen, womit jetzt eigentlich Schluss sein sollte. Wie es eine einzelne Löffelente in die Statistik geschafft hat, ist ein Rätsel; möglicherweise trieb ein akuter Geständnisdrang ihren Mörder zur Meldung ans Bundesamt für Statistik.
Nicht als gefährdet gelten Rabenvögel wie Krähen und Elstern, die übrigens auch zu den Singvögeln gehören. Doch obschon ihre Kunst dem menschlichen Ohr nicht unbedingt schmeichelt, haben auch sie nicht verdient, was leider völlig legal geschieht: auf Äckern von Laienhand ab-, aber häufig nur angeschossen und verletzt zu werden.