Diesseits von Gut und Böse: (Un)treue Männer

Nr. 40 –

Nicht nur wer Karl May gelesen hat, weiss, was eine Blutsbrüderschaft ist. Männer ritzen sich irgendwo am Arm eine Ader und reiben dann die Wunden aneinander, um ihr Blut zu mischen, was sich allerdings in Zeiten von Aids und Covid-19 nicht mehr empfiehlt.

Die etwas hygienischere Methode ist: Jeder presst ein paar Blutstropfen raus, die dann in einem Gefäss gesammelt werden, aus dem beide trinken; etwaigen Krankheitserregern macht der Magensaft den Garaus. Aber es geht ja nicht um Hygiene, sondern um ewige Treue, denn die so Verbrüderten schwören einander, mit ihrem Leben für den jeweils anderen einzustehen.

Gehaltene und gebrochene Gelöbnisse und Treueschwüre durchziehen die Geschichte, und da es schon in der Bibel heisst: «Es gibt keine grössere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt», ist es nur folgerichtig, dass auch die Schweizergardisten dem jeweiligen Papst die Treue schwören. Zwar müssen sie nicht ihr Blut mit dem seinen mischen, aber sie geloben: «Ich schwöre, treu, redlich und ehrenhaft zu dienen dem Papst Franziskus und seinen rechtmässigen Nachfolgern und mich mit ganzer Kraft für sie einzusetzen, bereit, wenn es erheischt sein sollte, selbst mein Leben für sie hinzugeben.»

Nun würde ich ja denken, das nähmen die jungen Herren ernst, doch was musste ich kürzlich lesen? Ausgerechnet jetzt, wo es eine beherzte Tat erheischte, weil Covid-19 das Leben des Pontifex maximus bedroht, verweigerten drei Gardisten die Impfung.

Die zugrunde liegende Logik verschliesst sich mir. Wer diesen Schwur geleistet hat, jedoch fürchtet, an der Impfung zu sterben, müsste doch umso freudiger Ja dazu sagen – oder? Doch, ach, versteh eine die katholischen Jungmänner!