Zurzeit erzählen sich alle auf Twitter, was sie mit vierzehn für Blödsinn gemacht haben; ich bin froh, dass es in meinem Fall noch kein Internet gab und ich bloss zur Klassensprecherinvertreterin gewählt wurde, einem Amt ohne gesellschaftliche Relevanz. Was ich an Hanebüchenem tat und dachte, ist so glücklicherweise nur in vereinzelt erhaltenen Briefen gespeichert und nicht in den Untiefen des Netzes.

Anlass sind die Tweets, die Sarah-Lee Heinrich – seit letztem Samstag gewählte Sprecherin der Grünen Jugend in Deutschland – mit vierzehn geschrieben hat. Jetzt ist sie zwanzig und steht erstmals in der Öffentlichkeit, aus der sie sich schon wieder zurückziehen musste, weil sie Morddrohungen erhielt.

Für die alten, nach eigener Aussage «vulgären und beleidigenden» Tweets bat sie um Entschuldigung, doch genützt hat es nichts, in einem heftigen Shitstorm werden ihr diese jetzt um die Ohren gehauen.

Heinrich ist Schwarz. In einer Veranstaltung sprach sie 2019 über Fridays for Future und die «eklig weisse Mehrheitsgesellschaft». Diese wirft ihr nun «Rassismus gegen Weisse» vor, vor allem jener Teil, der jeglichen Rassismus immer empört abstreitet: Man sehe gar keine Hautfarben! Warum Heinrich das überhaupt sagte, erklärte sie bereits vor zwei Jahren differenziert und nachvollziehbar auf Twitter.

Wer Heinrich verteidigt, kann auch auf prominente Fälle verweisen, zum Beispiel war Helmut Kohl in diesem Alter bei der Hitlerjugend – wie übrigens auch Sophie Scholl. Für die Hitlerjugend bin ich zum Glück zu jung; aber ich wuchs in einer Zeit und in einem Milieu auf, in dem so etwas wie politische Bildung nicht existierte – nicht zu Hause und nicht in der Schule. Folglich war mein Weltbild im Wortsinn beschränkt und wäre es ohne 1968 vielleicht auch geblieben.

Nun ziehen manche aus den Vorkommnissen um Heinrich hämisch den Schluss: Das beweise, wie idiotisch die Forderung nach dem «Stimmrechtsalter 16» sei. Dabei zeigt die Geschichte nur, dass Jugendliche ihr Umfeld widerspiegeln.