Diesseits von Gut und Böse: Im Hauptberuf: Spielerfrau
Der Charakter von Lara Gut-Behrami war schon immer ein ergiebiges Thema. Drum waren ihre Gefühle jetzt fast wichtiger als die Goldmedaille selbst: «Tränen nach Gold: ‹Blick›-Experte erklärt Laras grosse Emotionen». Der «Tages-Anzeiger» titelte: «Ständig angerannt, auch gegen die Nörgler – nun hat sie die Ruhe gefunden», was fast so klang, als sei die Skifahrerin endgültig von uns gegangen.
Aktuell gibt es kaum ein Medium, das nicht Gut-Behramis «Wandel» erwähnte. Früher sei sie angeeckt und habe polarisiert, weil sie ihre Meinung frei herausgesagt und kein Blatt vor den Mund genommen habe; sie habe ihre Emotionen nicht verborgen und sei Konflikten nicht ausgewichen. Es scheint, als habe man bei der gut aussehenden Spitzensportlerin vor allem etwas vermisst: wirklich weibliche Werte wie Bescheidenheit, Zurückhaltung und Nachdenklichkeit.
Jetzt, das sagt sie auch selbst, sei sie ruhiger geworden, lockerer, habe mehr inneres Gleichgewicht durch ihr Zuhause, denn dort wartet seit vier Jahren Valon Behrami, Profifussballer und Gatte, dem es offenbar gelang, der widerspenstigen Lara weiblichere Seiten zu entlocken.
Dabei schaffte das die «Schweizer Illustrierte» schon 2016: «Beim exklusiven Fotoshooting mit der ‹Schweizer Illustrierten› zeigt Lara Gut ihre Model-Qualitäten. […] Die Schweizerin zeigt sich freizügig wie nie zuvor. Wir haben ihre besten Bilder.»
Das freizügigste dieser besten Bilder zierte jetzt ein Plakat der «Bild»-Zeitung: Mit wallendem Blondhaar und halb entblösstem Busen steht die Goldmedaillengewinnerin vor einer Bünzlisitzgarnitur und schaut sinnend in die Ferne. Im erklärenden Text daneben fehlt ihr Name: «Schweiz-Star holt Ski-Gold: Ihr Mann spielte ein Jahr für den HSV».
Wie der «Blick» seine «Schätzli» hat, gilt bei «Bild»-Leser:innen halt «Spielerfrau» als Spitzenqualifikation.