Diesseits von Gut und Böse: China fährt Ski

Nr. 8 –

Es gibt Berufe, die ohne eine gewisse Realitätsverleugnung einfach nicht auszuüben sind. Papst zum Beispiel. Oder Diktator. Oder Modedesigner:in. Der eine kann noch nicht mal auf einen real existierenden Chef hinweisen. Der andere will nicht wahrhaben, dass ihn niemand leiden kann. Und dass in der Haute Couture die Körperformen von Durchschnittsmenschen konsequent ausgeblendet werden, ist unübersehbar.

Auch Sportfunktionär gehört in diese Reihe, insbesondere dort, wo die Karriere in einem Posten als Verbandspräsident gipfelt. Die grösste Herausforderung in diesem Beruf besteht darin, unablässig nur ein einziges Mantra zu wiederholen: Sport hat mit Politik nichts zu tun!

Das ist im Kleinen so, wenn Sportler:innen das Tragen eines T-Shirts mit engagiertem Slogan untersagt wird, und bei Grossveranstaltungen sowieso. Da schlägt die Stunde der genialen Leugner wie Gianni Infantino, der inzwischen voller Vorfreude auf die Fussball-WM halbjährlich im Autokratenemirat Katar wohnt. Oder René Fasel. Wobei dessen grosse Stunde – eine öffentlichkeitswirksame Knutscherei mit Alexander Lukaschenko – zum Glück schnell endete: Sein Verband untersagte, die Eishockey-WM in Belarus abzuhalten.

Und jetzt Thomas Bach. Am IOC-Präsidenten und seinen Reden zu Beginn und zum Ende der Olympischen Spiele lässt sich vorzüglich zeigen, wie ein wahrer Könner das Instrumentarium schleimiger Verlogenheit beherrscht. «Die unvergessliche Erfahrung war nur dank unserer gütigen Gastgeber, der chinesischen Bevölkerung, möglich», sagte Bach zum Abschied, wobei diese ja gar nicht dabei war. Und dass die Spiele «der sicherste Ort auf diesem Planeten» gewesen seien, dürfte vor allem jenen bewusst sein, die wissen, wie China Orte sichert.

Doch Thomas Bach, der einstige Florettfechter, ist nur der willfährige Vertreter einer gigantischen Geldmaschine, auf die – auch in der Schweiz – niemand verzichten will. Sie wird gut geschmiert weiterlaufen.