Diesseits von Gut und Böse: Blutige Privilegien

Nr. 20 –

Manchmal überkommt mich das Gefühl, Frauen setzten sich ausschliesslich aus Tabuzonen zusammen. Während es letzte Woche hier um die heikle Existenz der weiblichen Brust ging, drängt nun die Menstruation mit Macht ins gesellschaftliche Bewusstsein.

Dass derzeit in Spanien ein Gesetz für einen Menstruations-«Urlaub» diskutiert wird, hat mich überrascht, weil ich das Land aus mangelnder Kenntnis vor allem mit Katholizismus und Franco-Diktatur in Verbindung brachte; aber auch die spanische Abtreibungsgesetzgebung ist eher fortschrittlich.

Jetzt geht es darum, ob Frauen, die während der Regelblutung starke Schmerzen haben, dem Arbeitsplatz fernbleiben dürfen; ob bezahlt oder unbezahlt, ist noch offen. Einige Länder – vor allem in Asien – kennen eine solche Möglichkeit schon, wenn auch unterschiedlich umgesetzt. In Japan existiert ein entsprechendes Gesetz seit 1947, allerdings ohne konkrete Hinweise auf die Anzahl freier Tage oder eine Lohnzahlung.

Mitteleuropa ist davon weit entfernt, zumal es auch aus feministischer und gewerkschaftlicher Sicht Bedenken gibt: Gilt schon die Möglichkeit, schwanger zu werden, als Hindernis auf dem Arbeitsmarkt, könnte regelmässig drohendes Menstruieren Frauen noch mehr benachteiligen.

Erwartungsgemäss dagegen sind Politikerinnen der Mitte, der FDP und der SVP. Elisabeth Schneider-Schneiter gab bekannt: «Ich bin auch eine Frau. Rückblickend war die Menstruation für mich nie ein Problem.» Was sicher viele Frauen freut. SVP-Nationalrätin Yvette Estermann hingegen befürchtet, «dass sich wohl einige zusätzliche Ferientage erschleichen würden» und so ein Gesetz «in der Schweiz die Männer zusätzlich diskriminieren würde».

Das finden auch einige Vertreter der diskriminierten Spezies selbst. Die wünschen sich jetzt auf Twitter bei jeder Erektion einen freien Tag und fürs Ejakulieren am besten gleich eine ganze Woche.