Diesseits von Gut und Böse: Jugend im Kreativrausch

Nr. 21 –

Ach, was wäre die Schweiz ohne die ambitionierten «Polit-Nerds» der Jungen SVP, wie Camille Lothe, die Führungsblondine der Zürcher Sektion, sie zärtlich nennt? Die haben kürzlich in einem Initiativworkshop aus fünf Vorschlägen einen ausgewählt, für den sie jetzt Unterschriften sammeln: Die «Anti-Chaoten-Initiative» folgt dem Motto «Illegale Demos und Hausbesetzung – ein Dorn im Auge». Das besetzte Haus, das als abschreckendes Beispiel die Initiativwebsite ziert, steht an der Rigaer Strasse 78 in Berlin, hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich, gehörte mal einer Basler Stiftung und heute denen, die drin wohnen.

Unter den übrigen Ideen keimte sogar eine für Mobility Pricing in der Zürcher Innenstadt. Aber die JSVP wäre nicht sie selbst, hätte sie da nicht «auch Velofahrer zur Kasse bitten» wollen. Zur Debatte standen ausserdem Steuererleichterungen für Unternehmen, «die sich an Umwelt- und Produktionsstandards halten» – die also tun, was sie sowieso tun sollten –, und ein «Bonus-Malus-System für die Auszahlung der Sozialhilfe» oder: Wer nicht spurt, hat gehabt!

Nun haben die Anti-Chaoten gewonnen. «Viel zu lange musste die Allgemeinheit für die Exzesse einer kleinen, oft gewalttätigen Gruppe aufkommen», klagt das Initiativkomitee. Dabei ist Camille Lothe ja die, die vor zwei Jahren inmitten eines pinkfarbenen Ambientes mit Sturmgewehr posierte, weil sie gegen ein verschärftes Waffengesetz war und «Sturmgewehre und Waffen zur Schweizer Kultur gehören». An die Fasnacht ging sie damals als Melania Trump, an ihrer Seite ihr Freund als «pussy-grabbender» Gatte.

Heftiger Widerstand schlägt den Initiant:innen übrigens aus der schwurbelnden «Massvoll»-Bewegung entgegen, weil die ja gern unbewilligt Strassen verstopft. Dass diese beiden Grüppchen bald mal aufeinander eindreschen könnten, entzückt mich nachgerade.