Diesseits von Gut und Böse: Freisinnige Männerfreundschaft

Nr. 25 –

Es soll ja Leute geben, die dem guten alten Zürcher Freisinn nachtrauern, mit allem, was an Staatstragendem dazugehörte, von Freundschaft bis Filz. Doch es ist noch alles da – ein Blick in die Westschweiz genügt.

Dort agiert zum Beispiel Nationalrat Christian Lüscher, von Beruf Anwalt, Wirtschaftsanwalt, um genau zu sein, wie viele seiner Parteikolleg:innen. Das sind die, denen es mithilfe fein ziselierter Firmenkonstrukte gelingt, die Vermögen der Allerreichsten zu verbergen, wofür sie neben Millionenhonoraren einen gewissen Renommeeverlust eintauschen.

Moderne FDPler:innen networken aber nicht nur in Hinterstuben, sondern auch in Whatsapp-Chats. In einem solchen schrieb Lüscher kürzlich, Kinder seien «von Weibchen zu hüten, wie bei allen Säugetieren», der Waadtländer Regierungsrätin Isabelle Moret empfahl er, statt arbeitende Männer zu nerven, solle sie lieber Staub wischen, und zwei neu gewählten Politikerinnen riet er, sich – einer Tradition gehorchend – am Tag ihrer Vereidigung nackt in die Aare zu werfen und zum Bärengraben zu schwimmen. Wobei Letzteres noch als etwas hüftsteifer Herrenwitz durchgehen könnte.

Furchtbar überraschend ist das ja alles nicht, aber es warf Wellen, die Lüscher und Parteikollegen zu glätten suchten: Es sei ein Chat unter Freunden, um gemeinsam zu lachen und am Ende des Tages ein Bier zu trinken. Auch Gewählte hätten Anspruch auf solche Momente der Dekompression.

FDP-Präsident Thierry Burkart nannte Christian Lüscher in der «Samstagsrundschau» einen «glatten Siech, der manchmal über Grenzen geht». Schockiert habe ihn nur der Vertrauensbruch dessen, der den Chat an den «Blick» verraten habe. Sollte er jemals rausfinden, wer das gewesen sei, müsse die Person mit harten Konsequenzen rechnen.

Wie gesagt: F wie Freisinn, Freundschaft, Filz. Und Verrat, mit Vögeli-V.