Diesseits von Gut und Böse: (Jung)freisinnige Wissenschaft
Kennen Sie Mick Biesuz, Jan Suter und Fabian Zehnder? Den drei Hoffnungsträgern des Aargauer Jungfreisinns verdankt die Welt jene Maturaarbeit, deren Schlussfolgerungen derzeit die Polit- und Schulwelt aufwühlen, weit über den Aargau hinaus.
Die Verfasser befragten 530 Schüler:innen an vier Aargauer Kantonsschulen, sieben Lehrer:innen (Deutsch, Englisch, Geschichte, Geografie und Wirtschaft), den Rektor der Kantonsschule Baden und zwei Aargauer Grossrät:innen (Ruth Müri, Grüne, und Adrian Schoop, FDP). Thema war die «Politische Neutralität im Unterricht», die die Autoren in ihrer eigenen Schulzeit verletzt sahen.
Zwar entsprechen die 72 Seiten den formalen Kriterien wissenschaftlichen Arbeitens, nur scheint der untersuchte Gegenstand – vorsichtig ausgedrückt – etwas schwammig, denn auf die zentrale Frage «Was für Inhalte werden im Unterricht vermittelt?» konnte man zwischen den Antworten «eher linke», «eher rechte» und «objektive» wählen, ohne inhaltliche Spezifizierung. Was links und was rechts ist, entschied jede:r Befragte nach Gefühl. Nicht ganz unerwartet kamen die Verfasser zum Schluss, dass der Unterricht «also zu bis zu 40% politisch und nicht objektiv empfunden» würde.
Der Rest ist schnell erzählt. Dem befragten FDP-Grossrat Schoop schienen die Ergebnisse so gravierend, dass er mittels Postulat «eine repräsentative Umfrage zur Einhaltung der politischen Neutralität der Aargauer Mittelschulen» forderte, das Parlament stimmte zu, und so beauftragte die Regierung das Meinungsforschungsinstitut Sotomo mit deren Durchführung.
Schwer zu sagen, ob man sich jetzt mehr über die geplante Gesinnungsschnüffelei an Aargauer Mittelschulen aufregen soll oder darüber, dass Michael Hermann, oft befragter Deuter der Schweizer Seele und Chef von Sotomo, sich nicht entblödet hat, den bekloppten Auftrag anzunehmen.
Am besten nimmt mans wie der «Blick». Beim Artikel «Sind die Lehrer im Aargau zu links?» stand unter einem Foto mit aufstreckenden Schülerinnen die Legende: «Ein Indiz? Zwei Mädchen bitten mit ihrer linken Hand um eine Wortmeldung.»