Diesseits von Gut und Böse: Bewaffnete Briefträger

Nr. 28 –

Wenn einem bei der Zuschreibung «dümmer, als die Polizei erlaubt» ausgerechnet die Polizei in den Sinn kommt, hat man sich dort die Lizenz wohl selbst erteilt. Dabei begann doch alles mit dem Wunsch nach mehr Bürger:innennähe. Die Stadtpolizei Uster twitterte: «Guetä Mooorgä … uuufstah! Heute ist 11.7., heute ist #Polizeitag! In den nächsten 12 Stunden ‹zwitschern› wir in Echtzeit über unsere Tätigkeiten. Habt ihr Fragen an uns? Kommentiert die Zwitscherei.»

Garniert mit herzigen Fotos und Emojis, wurden das Schiessen von Rostgänsen, ein Verkehrsunfall ohne Verletzte und anderes mehr dokumentiert; ein vorbildlicher Bürger gab gar auf dem Posten seinen Karabiner zwecks Vernichtung ab. Schliesslich jubelte man: «Juhuuu! Die 1.000er-Marke unserer Followerzahl ist geknackt!»

So friedlich hätte der Tag weitergehen können, hätte man nicht noch folgenden Tweet abgesetzt: «#Pat9502 konnte für das Betreibungsamt einen Vorführbefehl vollstrecken und den Schuldner auf das Amt bringen. Wer freut sich schon nicht über einen frühmorgendlichen Besuch vom bewaffneten Briefträger», mit Zwinkersmiley.

Ab da tobte der Bär. Ein Teil der neu gewonnenen Follower:innen nutzte die Protestskala in ihrer ganzen Breite: von höflich mahnend, selten auch verständnis- und humorvoll bis zu zynisch, herablassend oder frech. Jemand bemühte gar den Vergleich mit dem NS-Verbrecher Adolf Eichmann.

Schliesslich verbreitete die Stapo Uster kleinlaut: «Wir halten nochmals fest, dass wir uns weder über Schuldner:innen lustig machen, noch bedrohlich wirken wollen.»

Dagegen, dass einzelne Polizist:innen hin und wieder vom Jagdfieber und von einer institutionsbedingten Arroganz gepackt werden, hilft nur viel Weiterbildung in Soft Skills. Und bis die greift, empfiehlt sich eine solide Social-Media-Schulung.