Diesseits von Gut und Böse: Kreativer Widerstand
Eigentlich könnte man den jährlichen «Marsch fürs Läbe» getrost unter Folklore abhaken, von jenen gepflegt, die ihrem Herrgott gerne ein Wohlgefallen sind. Nun ist den Marschierenden aber nicht das Leben als solches, sondern vor allem das ungeborene heilig, über dessen Lebendigkeitsgrad Philosophie, Religion, Medizin und Juristerei weltweit uneinig sind.
Sprächen die Gottesfürchtigen nur für sich, könnte man sie einfach marschieren lassen – kein Mensch würde nur eine Einzige unter ihnen zu einer Abtreibung zwingen. Doch aus ihren Kreisen ist eine Initiative unterwegs, die alle angeht, weil sie vor jedem Schwangerschaftsabbruch 24 Stunden Bedenkzeit fordert. Offenbar glaubt man dort, dass eine Frau, kaum hat sie gemerkt, dass sie schwanger ist, ohne nachzudenken in die nächste Klinik rennt.
Folglich formierte sich auch heuer in Zürich ganz traditionell der Widerstand auf der Strasse, der – wie jedes Jahr – sofort durch rigorosen Polizeieinsatz gestoppt wurde. Auf der Bühne des «Bekenntnismarschs» erzählte derweil eine «junge Frau, Mutter eines geretteten Babys», einer Kollegin ihre Geschichte, die sich ganz sachte von Satz zu Satz wendete, bis sie – vor dem perplex lauschenden Publikum – bei einem geglückten Schwangerschaftsabbruch und der Forderung nach Selbstbestimmung endete. Ein zärtlicher Kuss zwischen den beiden Frauen war das aktivistische Sahnehäubchen.
So schön kann Protest sein!