Diesseits von Gut und Böse: Die Selbstgerechten

Nr. 40 –

Ich gehe davon aus, dass keiner der 21 Herren, die am letzten Sessionstag im Ständerat eine Petition der Frauensession ablehnten, jemals unter prekären Bedingungen arbeiten musste. Vielleicht hatte der eine oder der andere als Student einen schlecht bezahlten Hilfsjob, aber der ging ja vorüber. Heute vertritt die grosse Mehrheit dieser Herren neben ihrem angestammten Beruf eine Unzahl an Körperschaften, Stiftungen, Interessengruppen, meist gegen Bezahlung.

Die Petition wollte Hausangestellte dem Arbeitsgesetz unterstellen, was bedeutet hätte, dass Arbeitszeiten und Schutzmassnahmen eingehalten werden müssten.

Die Nein-Stimmenden kennen also nicht nur keine solchen Arbeitsverhältnisse, sondern es fehlt ihnen auch an Empathie, sich vorstellen zu können, was es bedeutet, sich den Lebensunterhalt in privaten Anstellungsverhältnissen, die keiner Regel unterstellt sind, zusammenverdienen zu müssen: Da muss manche Frau – meistens sind es (migrantische) Frauen – rund um die Uhr zur Verfügung stehen, hat keine freien Tage und unter Umständen auch kein eigenes abschliessbares Zimmer.

Es sei zu schwierig, die Einhaltung der Vorschriften zu kontrollieren, argumentierten die Gegner, zumal viele Hausangestellte mehrere Arbeitgeber hätten. Vermutlich waren es dieselben, die kürzlich Massnahmen ablehnten, die sich gegen Gewalt und sexuelle Belästigung in der Arbeitswelt gerichtet hätten.