Diesseits von Gut und Böse: Wir sind Astronaut

Nr. 48 –

Der solidarische Grundsatz «Einer für alle – alle für einen» hat im Zuge der Neoliberalisierung viel an Glanz verloren. Nur an einem Ort gilt er für Schweizer:innen garantiert: im Weltraum!

Fliegt einer von ihnen ins All, werden alle zu Astronaut:innen und fliegen mit. Das war bei Claude Nicollier so, dem Dölf Ogi «Freude herrscht!» zurief, als er vor dreissig Jahren als erster Schweizer im Spaceshuttle die Erde umkreiste, und das ist jetzt so, nachdem Marco Sieber von der Europäischen Weltraumagentur ESA unter rund 22 500 Mitbewerber:innen als Astronautenaspirant ausgewählt wurde. Dabei war der ja noch gar nicht oben.

Nun liegen dem Mann alle Medien zu Füssen und befragen ihn nach seinen Reiseplänen zu Mond und Mars. Dabei bemühte sich besonders die «NZZ am Sonntag», ihren Leser:innen die Heimatverbundenheit des künftigen Raumpiloten zu vermitteln, entdeckte die Journalistin doch «sein Gesicht so frisch wie kühle Bergluft und sein breites Berndeutsch so ehrlich wie ein Teller Tomatenspaghetti in einer Hütte des Schweizer Alpen-Clubs». Fragt sich, welches Gericht ihr in den Sinn gekommen wäre, wenn Sieber Thurgauer Dialekt sprechen würde. Kutteln?

«Ob Marco Sieber zum Mars möchte, weiss er nicht – zum Mond aber gerne», wusste wiederum «20 Minuten». Zufälligerweise war auf SRF gerade der Hollywoodfilm zu sehen, in dem Matt Damon als Astronaut, allein auf dem Mars zurückgelassen, all seine Kompetenzen anzapfen muss, um zu überleben; als Erstes zieht er sich eine Antenne aus dem blutenden Bauch. Das könnte Marco Sieber als ausgebildeter Arzt natürlich auch! Es kann also losgehen.