Diesseits von Gut und Böse: Menschen in Tonnen

Nr. 14 –

Angesichts der aktuellen Werbekampagne von Greenpeace kam mir ein böser Spruch aus meiner Jugend in den Sinn: Was der mit den Händen aufbaut, stösst er mit dem Hintern wieder um. Gerade ist Greenpeace als Unterstützerin der Klimaseniorinnen positiv im Gespräch, da sehe ich in Zürich ein Plakat, auf dem eine ältere Frau – sie könnte eine Klimaseniorin sein – bis zum Hals in einem Müllcontainer steckt. Darüber steht «Alt? Weg damit», unten rechts ergänzt durch das Greenpeace-Logo und die Frage «Ich bin zwar nicht mehr jung, aber entsorgen?».

Was will Greenpeace damit sagen? Sollen wir liebevoller mit unseren Alten umgehen? Weiss Greenpeace von alten Menschen in der Schweiz, die wie einst im dystopischen Hollywoodfilm «Soylent Green» entsorgt werden? Braucht die Organisation Alterswohnungen für gealterte Campaigner:innen? Was immer es ist: Die Kampagne hat das Zeug, die fantastische Arbeit der klimakritischen Seniorinnen buchstäblich in die Tonne zu hauen.

Eine Internetsuche ergab, dass nicht nur ich mit Unmut reagierte, sondern auch andere Menschen, Leute aus der Werbebranche und Pro Senectute. Um Auskunft gebeten, machte es die Antwort einer Sprecherin bei Greenpeace nicht besser: «Greenpeace Schweiz möchte damit darauf aufmerksam machen, dass Produkte viel zu schnell weggeworfen werden.» Produkte. Aha. «Es soll nicht als Diskriminierung verstanden werden. Wir ziehen bewusst einen provokanten Vergleich und zeigen auf, dass man mit älteren Produkten nicht so abwertend umgehen sollte.» Hier steht der alte Mensch also als Symbol für Küchenmaschinen, Handys oder einen knatternden Haarföhn, die man, wenn sie alt sind, nicht so abwerten soll, wie wirs mit Menschen tun? «Teilen, Tauschen, Reparieren und Wiederverwenden» ist die Devise. So eine reparierte Oma lässt sich unbegrenzt wiederverwenden.

Korrigenda vom 6. April 2023: In der gedruckten Ausgabe und in der früheren Onlineversion hiess es, die Kampagne sei von der Kreativagentur «Freundliche Grüsse» entwickelt worden. Tatsächlich wurde sie von Greenpeace selber entwickelt. Wir bitten für den Fehler um Entschuldigung.