Diesseits von Gut und Böse: Anschwellende Zornesfalten

Nr. 33 –

«Die Anwendung von Botox boomt. Auch in der Schweiz», sagte der Moderator der Sendung «10 vor 10». Und fuhr fort: «Was dabei oft vergessen geht: Hinter der faltenlos geglätteten Fassade verbirgt sich viel Leid. Um das Nervengift Botox herzustellen, wird dessen Wirksamkeit nämlich an Mäusen getestet.» Und bei all dem Bashing, das dem SRF derzeit um die Ohren fliegt, möchte ich dem Sender dafür ehrlichen Herzens danken: Es wurde dringend Zeit, das Thema wieder aus der Versenkung zu zerren.

Getestet wird Botox mit der sogenannten LD50-Methode: Einer grossen Anzahl Labormäusen (klein, weiss, schnucklig) wird das Gift Botulinumtoxin in die Bauchhöhle gespritzt. Darauf setzt eine Lähmung ein, die innerhalb von vier Tagen bei fünfzig Prozent der Tiere zum Tod führen muss – nur dann stimmt die Konzentration der Giftdosis zur Faltenglättung: LD steht für letale Dosis.

Als vor über zehn Jahren die Gesundheitssendung «Puls» in einem Bericht über Botox die grausamen Herstellungsbedingungen einfach verschwieg, wandten sich Tierschützer:innen an die Unabhängige Beschwerdeinstanz, die ihnen recht gab, was das Bundesgericht 2013 bestätigte.

Aber zehn Jahre sind eine lange Zeit, und wen die Zornesfalte stört, der und dem gehen Tausende tote Mäuse glatt am Arsch vorbei. Wie dem Chef eines «Prevention Center», der in der Sendung auf die Frage, ob er ein schlechtes Gewissen habe, mit geschlossenen Augen erklärte, der Test sei «natürlich schon rein beruflich bedingt ein wichtiges Thema», während ihm seine Assistentin weitere Spritzen in die unbewegliche Stirn setzte.

Zwar wurden in den letzten Jahren tierversuchsfreie Tests entwickelt, doch anscheinend wird der LD50 weiterhin breit eingesetzt, weil er als am sichersten gilt. Und so, wie «10 vor 10» meldete, ersticken jährlich weiterhin «weltweit Hunderttausende der kleinen Nager qualvoll».

Sehen Sie mir nach, wenn ich mich hier selbst zitiere, aber an dem, was ich 2013 in dieser Rubrik schrieb, hat sich wenig geändert: «Die Mäuselobby ist schwach. Um die Damen zum Umdenken zu motivieren, empfehle ich, für Botoxtests künftig Handtaschenhunde zu verwenden.» Aktuell möchte ich dem Satz bloss noch die Herren hinzufügen. Und junge Katzen.