Diesseits von Gut und Böse: Der gesunde Menschenverstand
Natürlich sollte sich ein politisch interessierter Mensch mit Fakten auseinandersetzen und eine Idee nicht nur blöd finden, weil einem die Leute nicht passen, die sie hatten. Aber es gibt Ausnahmen.
So ist es nicht einfach, der sogenannten Kompassinitiative «Für eine direkt-demokratische und wettbewerbsfähige Schweiz», die am Dienstag mit viel Getöse lanciert wurde, inhaltlich viel Substanz abzugewinnen. Ziel ist es, ein neues institutionelles Rahmenabkommen mit der EU, «EU-Passivmitgliedschaft» genannt, zu verhindern, indem das Abkommen als völkerrechtlicher Vertrag dem obligatorischen Referendum – also auch dem Ständemehr – unterstellt wird.
Im Initiativkomitee sitzen zuvörderst Unternehmer der Partners Group AG aus Baar sowie die SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr, «Nebelspalter»-Chefredaktor Markus Somm und der FDP-Ständerat Hans Wicki.
Da niemand ausser diesen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sein dürfte, hat man sich dazu ein paar Promis angelacht: Moderator Kurt Aeschbacher und Exskifahrer Bernhard Russi sitzen im Komitee, Musiker Dieter Meier soll dem Anliegen als schlichtes Mitglied Glanz verleihen, und Rocker Chris von Rohr hat sich selbst angemeldet.
Da kommt viel Expertise zusammen: Während Aeschbacher «das Vertrauen zum gesunden Menschenverstand des Volkes» antreibt, gestand Meier dem «Blick», es sei ein Freundschaftsdienst – «das ist nicht mein Metier, da habe ich zu wenig Ahnung» –, und Russi erläuterte, er habe sich «zuvor nie Gedanken dazu gemacht und habe auch nicht gewusst, dass ein neues Abkommen kommt».
Das Ständemehr zu fordern, ist trickreich, denn erwartungsgemäss dürfte jede Abstimmung, die auch nur im entferntesten nach Europa riecht, am kantonalen Nein scheitern. Da freut man sich ausnahmsweise, dass das Vertrauen der Bevölkerung ins Unterschriftensammeln grad kräftig ausgeknockt wurde.