Diesseits von Gut und Böse: Monarchische Möglichkeiten

Nr. 44 –

Im Fürstentum Liechtenstein leben ungefähr so viele Menschen wie im Kanton Obwalden, bloss der Ausländer:innenanteil ist doppelt so hoch. Und auch Liechtenstein verfügt über direktdemokratische Instrumente wie zum Beispiel die Volksinitiative. Aufgrund einer solchen hat die Liechtensteiner Stimmbevölkerung am letzten Wochenende entschieden, dem einzigen öffentlich-rechtlichen Sender Ende 2025 den Stecker rauszuziehen: Radio L ist zu teuer, Radio L muss weg.

Natürlich stand das so nicht in der Initiative. Man forderte lediglich «die Aufhebung des Gesetzes über den ‹Liechtensteinischen Rundfunk›» (LRF) von 2003, wo es heisst: «Der LRF finanziert seine Ausgaben durch: a) Werbeeinnahmen; b) einen Landesbeitrag; c) eine allfällige Rundfunkgebühr.» Das klappt seit Jahren nicht wie gewünscht, denn eine «allfällige Rundfunkgebühr» kennt Liechtenstein nicht, an Werbeeinnahmen fehlt es, und der Landesbeitrag beträgt inzwischen rund vier Millionen Franken jährlich.

Lanciert hat die Initiative die – laut süddeutsche.de rechtspopulistische – Kleinpartei «Demokraten pro Liechtenstein» (DpL), deren Exponenten selber staunten, dass ihnen an der Urne 6786 Stimmbürger:innen folgten, während 5457 ihr Radio gern behalten hätten. Die Stimmbeteiligung lag bei 59,3 Prozent. Weil öffentlich-rechtliche Medien als Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft gelten, kämpfte auch die Liechtensteiner Regierung für den Sender und verlor. Radio L könne ja privatisiert werden, findet die DpL, doch man ahnt, dass sich kaum Investor:innen für den Sender, dem häufig Misswirtschaft nachgesagt wurde, finden werden.

Wie der Name sagt, leistet sich Liechtenstein neben Parlament und Regierung auch einen leibhaftigen Landesfürsten, dessen Macht, anders als in konstitutionellen Monarchien üblich, absolutistische Züge trägt: Der Fürst hat ein Vetorecht und kann ein Gesetz auch dann verbieten, wenn es in einer Volksabstimmung angenommen wurde. Zu dieser Abstimmung äusserte er sich nicht.

Nun könnte der Fürst seine Macht zur Abwechslung mal positiv nutzen, indem er das Abstimmungsergebnis ignoriert: Zeichnet er die Gesetzesänderung nicht innerhalb von sechs Monaten ab, gilt sie als abgelehnt. Aber dem reichsten Monarchen Europas kann so ein öffentlich-rechtliches Gepiepse ja völlig egal sein. Wer ein Vetorecht hat, braucht keine freie Meinungsbildung.