Leser:innenbriefe

Nr. 20 –

Diesen Artikel hören (3:56)
-15
+15
-15
/
+15

Streik und Verzicht

«1.-Mai-Nummer: Wo stehen wir gerade?», WOZ Nr. 18/25

Die Frage, wo wir gerade stehen, beschäftigt auch mich – allerspätestens seit Anfang Jahr, als klar wurde, dass nun ein sehr grosser Teil der Menschheit von narzisstischen, sehr alten Autokraten regiert wird. Auch wenn ich keine Umfrage gemacht habe, weiss ich, dass eine Mehrheit eine solche Welt nicht will. Eine Mehrheit möchte einfach stressfrei und friedlich leben. Die, die das nicht wollen, brauchen uns. Ohne uns sind sie nix und haben keine Macht.

Deshalb mein Vorschlag: Wir, die Mehrheit, spielen nicht mehr mit. Aus, fertig! (Nicht dass das einfach wäre, aber nötig …) Ein Beispiel zum Handeln: Wir organisieren einen Krankenkassenprämienwarnstreik bei der nächsten angekündigten Prämienerhöhung. Prämien auf ein Sperrkonto einzahlen (gemeinsam von Gewerkschaften und Linksparteien organisiert und rechtlich abgesichert), bis das Parlament eine ernsthafte Gesundheitsreform beschliesst, die der Gesundheit von uns allen wieder dient.

So ähnlich könnte man auch bei den viel zu hohen Mietzinsen vorgehen. Das Geld soll nicht mehr länger zu den Reichsten und deshalb auch Mächtigsten fliessen. Es soll wieder zu dem werden, was es ursprünglich war, ein Tauschmittel.

Ich wünsche uns allen den Mut zum Aussteigen.

Claudia Staubli, per E-Mail

Was in der Ausgabe ganz eklatant zu kurz kam: klare Anweisungen gegen den epidemischen Konsum. Gefühlt kein Wort dazu; thematisch ausgeblendet. Da nützt alles «links» nichts, wenn auch von dieser Seite Besitzstandswahrung gebetet wird. Drei Sekunden überlegen und es ist klar, dass das Wort eine klassische kapitalistische Falle ist und bedeutet: laufend noch mehr von allem. Schon vor fünf, zehn, zwanzig Jahren geisterte der Begriff herum, und damals hatten «wir» weniger. Wie Pastor Leumund schon vor fünfzehn Jahren so schön, von einer Harfenistin begleitet, sang: «Kündigen (Job) – Ausziehen (Wohnung)». Dazu auch das aktuelle Heft von Public Eye: Kleidung doppelt so lange tragen halbiert die Fast Fashion /Flugmode. Das dürfte keine Kunst sein bei der geringen Nutzdauer der Modekettenkleidung.

Paul Dorn, per E-Mail

Polemik

«Betreibungen: Nichts Besseres zu tun?», WOZ Nr. 17/25

Gute Argumente brauchen keine Polemik. Der Satz «In den Betreibungsämtern peitschen Beamt:innen den prekärsten Teil der Bevölkerung zur Schuldbegleichung an» ist Polemik. Erstens gibt es in der Schweiz keine Beamt:innen mehr. Der Rückgriff auf veraltete Feindbilder macht niemanden handlungsfähiger oder klüger.

Zweitens setzen die Betreibungsämter wie andere Ämter schlicht das geltende (und demokratisch einigermassen legitimierte) Gesetz um. Das machen andere Ämter auch. Aber diese werden nicht so häufig wie die Betreibungsämter vor die Gerichte gezogen – wo meistens festgestellt wird, dass die Betreibungsämter gesetzeskonform gehandelt haben.

Wer wirklich etwas zur Verbesserung der Lage des «prekärsten Teils der Bevölkerung» tun möchte, könnte über Strategien im Umgang mit dem betreffenden Gesetz, mit der Immobilienspekulation, mit den Krankenkassen etc. nachdenken.

PS: Nein, ich habe nie für ein Betreibungsamt oder eine andere Instanz der Justiz gearbeitet.

Franz Keller, Bostadel